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Louis …

... oder: "Jetzt sei doch mal ruhig!" Ein siebenjähriger Junge wird mit diversen Verletzungen und Frakturen in der Kinderklinik aufgenommen, ein Verdacht auf häusliche Gewalterfahrung soll abgeklärt werden. --> Diese Lernsituation besteht lediglich aus Fragmenten und wird vom Projektteam nicht mehr finalisiert. Sie wird als Anregung in dieser Form belassen.

Gliederung

Der Fall

Louis oder: „Jetzt sei doch mal ruhig!“

Teil 1

Der kleine Louis (7 Jahre alt) wird am Nachmittag mit einer Oberschenkelfraktur links ins Kinderspital eingeliefert. Die Eltern berichten, Louis sei die Treppe heruntergefallen. Die Mutter hält ein etwa einjähriges Mädchen auf dem Arm. Als Louis zu weinen beginnt, sagt sie zu ihm: „Jetzt sei doch mal ruhig, das nervt! Die müssen dich jetzt untersuchen.“  Während des anschließenden Aufnahmegesprächs steht der Vater etwas abseits und schaut aus dem Fenster.
Louis sieht den Arzt und die Krankenpflegerin neben ihm abwechselnd mit großen Augen an, weint leise weiter und nickt zögernd, als er gefragt wird, ob er Schmerzen hat. Der linke Oberschenkel ist stark angeschwollen und leicht livide verfärbt. Nachdem Louis ein Schmerzmittel intravenös bekommen hat, wird ein Röntgenbild durchgeführt, auf dem eine komplizierte Femurfraktur deutlich sichtbar wird. Da Louis nach den Angaben der Mutter seit dem Morgen noch nichts weiter gegessen hat, kann er sofort in den OP gebracht werden. Beim Ausziehen des Oberteils werden mehrere blaue Flecken und kleine rote Verbrennungen an den Armen, dem Bauch und dem Rücken sichtbar. In der zweistündigen OP wird die Fraktur reponiert und mit Kirschner Drähten fixiert. Louis wird dem Aufwachraum stabil übergeben und kann nach einer Dreiviertelstunde von einer Pflegenden der Station abgeholt werden.
Dort wird er weiterhin überwacht. Währenddessen führt Dr. Huber – der Operateur und Stationsarzt der Kinderchirurgie 2 – ein Gespräch mit den Eltern, da auf dem Röntgenbild unterhalb der neuen Fraktur eine alte Fraktur, die nicht versorgt wurde, zu sehen ist. Die Mutter sagt, dass sie sich das nicht erklären kann. Auf die Nachfrage, woher die vielen blauen Flecken und Verbrennungen stammen, weiß sie keine Antwort. Der Vater schweigt.
In der großen Stationsrunde am Mittag wird entschieden, der Sache nachzugehen.

Teil 2

Es wird zunächst das folgende vorläufige Vorgehen beschlossen:
Die Eltern behalten das Besuchsrecht, um die Beziehung zwischen Kind und Eltern beobachten zu können.
Nachdem Louis sich ausgeschlafen hat, werden Fotos von seinem Oberkörper gemacht. Das Jugendamt, die Polizei und der Sozialdienst der Klinik werden eingeschaltet.
Bis auf weiteres soll Louis auf der Kinderchirurgie 2 bleiben, Gespräche mit einer Kinderpsychologin führen und seinen Bruch ausheilen.

Teil 3

Die Beobachtungen der nächsten Tage:
Louis wirkt in der Anwesenheit des Vaters deutlich entspannter als in der der Mutter. In den spielerischen Gesprächen mit der Psychologin taut Louis immer mehr auf und gewinnt Vertrauen. Er vertraut Frau Sieber an, dass seine Mutter ihn manchmal hauen würde und recht grob zu ihm sei. „Und manchmal ist sie so böse auf mich, ich soll artig sein lernen.“  Auch hätte sie aus Wut ihn hin und wieder mit Zigaretten gequält. Deshalb sei er aus Angst vor ihr, ganz schnell die Treppe runtergelaufen und gestürzt.

Aufgrund dieser Aussage wurde eine Anzeige gegen die Eltern erstattet und ein Heimplatz/ Pflegeeltern für Louis gesucht.

Situations-merkmale

Zielgruppe

  • Kinder (2 - 10 Jahre)
  • Partnerschaft, soziale Bezugspersonen, Familien

Setting

  • Akutklinik

Pflegeanlass

  • Einschränkungen in der Mobilität
  • chirurgischer Eingriff

Lernsequenzen

Sequenz 1 - Gewalt in Familien begegnen - was leisten die Ansprüche einer familienbezogenen Pflege

Std. (davon Kommunikation: Std.)

didaktisch inhaltliche Zuordnung

Die Lernenden...

  • verständigen sich über ihr eigenes Familienbild und Bedeutungsveränderungen im Ausbildungsverlauf,
  • tauschen sich über Einstellungen, Gefühle, Reaktionen gegenüber beobachteter Gewalt und Vernachlässigung von Kindern aus, auch über Erfahrungen im persönlichen und beruflichen Umfeld.

didaktisch methodischer Verlauf

Sequenz 2 - Louis ist kein Einzelfall - Phänomen der Gewalt und Vernachlässigung von Kindern in Familien

Std. (davon Kommunikation: Std.)

didaktisch inhaltliche Zuordnung

Die Lernenden...

  • tragen ihre Kenntnisse zum Entwicklungsstand eines 7-jährigen Kindes zusammen und identifizieren mögliche Entwicklungsverzögerungen bei Louis und deren Ursachen,
  • unterscheiden verschiedene Formen von physischer und psychischer Gewaltausübung in Familiensystemen und fassen die Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen zur Entstehung von innerfamiliärer Gewalt zusammen,
  • tragen ihre Kenntnisse zu Familienstrukturen und zur Situation von Geschwisterkindern zusammen und erweitern sie in Bezug auf die Präferenz elterlicher Zuneigung gegenüber unterschiedlichen Geschwisterkindern,
  • fassen die Ergebnisse von ausgewählten wissenschaftlichen Untersuchungen zur Entstehung von Gewalt und Vernachlässigung in Familien zusammen,
  • bilden Hypothesen, wie Louis die Situation und seine Familie erleben könnte,
  • bilden Hypothesen zu den möglichen Gefühlen und Verhaltensweisen der einzelnen Mitglieder in Louis Familie, z. B. auch dazu, dass Louis seit dem Morgen nichts gegessen hat,
  • entwickeln Vermutungen, warum es zu unterschiedlicher Zuneigung gegenüber den beiden Geschwisterkindern kommen kann,
  • reflektieren den Zwiespalt, in dem sich Louis befindet, zwischen seinem Bedürfnis nach Schutz und körperlicher Unversehrtheit einerseits und seinem Bedürfnis nach Nähe in der Ursprungsfamilie bzw. dem Wunsch, in der Familie zu bleiben, andererseits,
  • reflektieren den inneren Zwiespalt einer Mutter aufgrund der gesellschaftlichen/ allgemeinen Erwartungshaltung, dass eine Mutter jedes ihrer Kinder gleich zu lieben hat und dem Gefühl größerer Zuneigung gegenüber einem Kind bzw. einer inneren Ablehnung eines Kindes.

didaktisch methodischer Verlauf

Sequenz 3 - Louis ist kein Einzelfall - Diagnostik von möglicher familiärer Gewalt und Vernachlässigung aus pädiatrischer Sicht

8 Std. (davon Kommunikation: - Std.)

didaktisch inhaltliche Zuordnung

Die Lernenden...

  • tragen ihre bisher erworbenen Kenntnisse zur Physiologie des Bewegungsapparates, der Knochenheilung und der Frakturlehre zusammen und erweitern sie fallspezifisch um Diagnostik und Therapie/ Osteosynthese bei Oberschenkelfrakturen im Kindesalter,
  • unterscheiden Symptome von Unfällen und Verletzungsfolgen im Kindesalter gegenüber den Folgen von menschlichen Gewalteinwirkungen, z. B. Symptome von Verbrennungswunden, Schütteltraumen,
  • aktivieren ihre Kenntnisse zur altersgerechten Ernährung von Kindern und erkennen Symptome von Mangelernährung und körperlicher Vernachlässigung bei Kindern,
  • wissen um Formen und Symptome zur Erkennung sexueller Übergriffe bei Kindern.

didaktisch methodischer Verlauf

Sequenz 4 - Gewaltprävention - Aufgaben der Gesellschaft und rechtliche Regelungen

Std. (davon Kommunikation: Std.)

didaktisch inhaltliche Zuordnung

Die Lernenden...

  • tragen ihr Wissen zu Kindes- und Elternrechten zusammen und erweitern es strukturiert um Kenntnisse zu den rechtlichen Regelungen zum Kinderschutz und zum Erziehungsrecht der Eltern sowie zu den Regelungen zum Sorgerechtsentzug,
  • erläutern unterschiedliche politische/ gesellschaftliche Positionen zu Kinderschutz/ Erziehungsrechten und -pflichten in verschiedenen Kulturen und im historischen Kontext,
  • nennen die unterschiedlichen staatlichen Organe, Berufsgruppen und Organisationen, die mit der Aufgabe des Kinderschutzes betraut sind, nutzen Unterstützungsmöglichkeiten und erklären Wege und Abläufe, die bei Verdacht auf Kindesmisshandlung einzuhalten sind,
  • informieren sich über die Kosten einer Heimunterbringung und über die Kosten einer sinnvollen unterstützenden Begleitung von Familien mit vermuteten Tendenzen zu Gewaltausübung und Kindesvernachlässigung,
  • verstehen Gründe für Zurückhaltung und Nichteinmischung bei beobachteter oder vermuteter Gewaltausübung gegenüber Kindern,
  • begründen Motive, sich zu engagieren und einzumischen,
  • wägen den Schutz des Kindes gegenüber dem und das Recht der Eltern in Bezug auf die Gestaltung der Erziehung und Ausbildung ihrer Kinder gegeneinander ab,
  • stellen dem Schutz des Kindes die Befürchtung vor ungerechtfertigter Denunziation (Rufmord) gegenüber und entscheiden im Dilemma unaufgeforderter Einmischung vs. gebotener Zurückhaltung und Schutz der Privatsphäre,
  • stellen Argumente für eine Heimunterbringung von Louis der Möglichkeit seines Verbleibs in der Familie gegenüber.

didaktisch methodischer Verlauf

Sequenz 5 - Entscheidungen im interprofessionellen Team treffen

Std. (davon Kommunikation: Std.)

didaktisch inhaltliche Zuordnung

Die Lernenden...

  • tragen ihr Wissen zur intraprofessionellen Kommunikation und zum Vorgehen bei Fallbesprechungen zusammen und entwickeln Möglichkeiten und Vorgehen in der pädiatrischen Station,
  • klären ihre Rolle als Pflegende im pädiatrischen Team,
  • reflektieren ihren Anspruch der partizipativen Gestaltung von Pflege und Einbindung der Eltern einerseits und andererseits die vermeintliche/ tatsächliche Notwendigkeit, hier Entscheidungen ohne die Beteiligung der Betroffenen zum Wohle des Kindes fällen zu müssen.

didaktisch methodischer Verlauf

Sequenz 6 - Die Pflege von Louis in verschiedenen Situationen gestalten

Std. (davon Kommunikation: Std.)

didaktisch inhaltliche Zuordnung

Die Lernenden...

  • aktivieren ihr Wissen zur postoperativen Versorgung von Kindern und erweitern und aktualisieren es hinsichtlich der prä- und postoperativen Versorgung von Louis,
  • entwickeln Kriterien zur zielgerichteten Beobachtung und justiziablen Beschreibung der Eltern-Kind-Interaktion,
  • entwickeln Kriterien zur zielgerichteten Beobachtung und justiziablen Beschreibung des kindlichen Verhaltens,
  • konzipieren gezielte Interaktions- und Spielangebote, um zu Beobachtungen zu gelangen, die den Verdacht der Vernachlässigung oder Misshandlung widerlegen oder erhärten,
  • integrieren die Beobachtung des Kindes und der Familie in die pflegerische Versorgung, gestalten die konkrete Interaktion mit dem Kind und den Eltern vor dem Hintergrund des vorläufigen Verdachts,
  • reflektieren ihr pflegerisches Handeln im Spannungsfeld zwischen gezielter "detektivisch"-therapeutischer Kommunikation und ihrer Alltagskommunikation als Pflegende bzw. zwischen Beziehungs-/ Ver trauensaufbau und Denunziation.

didaktisch methodischer Verlauf

Sequenz 7

Std. (davon Kommunikation: Std.)

didaktisch inhaltliche Zuordnung

Die Lernenden...

Anhang

Entwicklung

Literatur

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