3. Semester,
Stunden gesamt: 14
Reflexion
Pflegende und Lernende
zu pflegende Person
Kommunikatives Handeln
Anamnesegespräch in der häuslichen Pflege mit einem alleinstehenden Mann, der über geringe Deutschkenntnisse verfügt
Gestern musste ich Herrn Naifeh, einen neuen Patienten, der von seiner Tochter angemeldet wurde, besuchen. Unsere PDLs hatten beide keine Zeit und ich sollte eigentlich die Erstanamnese bei ihm machen.
Herrn Naifeh lebt seit dem Tod seiner Frau vor einem Jahr allein in einer 2-Zimmer-Altbauwohnung. Bei unserem Treffen stand er schüchtern da, schaute mich irgendwie traurig an. Gesprochen hat er auch nicht viel. Das, was er sagte, konnte ich auch nicht wirklich verstehen, es schien arabisch zu sein. Eigentlich hatte sich seine Tochter einen kultursensiblen Pflegedienst gewünscht, weil sie Sorge hat, dass ihr Vater niemanden versteht, aber die haben alle keinen Platz mehr. Sie sagt, ihr Vater spricht nicht so gut deutsch.
Ich wusste überhaupt nicht, wie ich das Gespräch anfangen sollte, stand erstmal da und habe die ganze Zeit daran gedacht, wie viel ich noch auf meiner Tour erledigen muss. Irgendwie ging mir das alles viel zu langsam. Ich stand verunsichert im Flur und wusste nicht, wie ich Herrn Naifeh ansprechen sollte. Er ließ mich dann einfach stehen und ging, das linke Bein nach sich ziehend, vom Flur in Richtung Wohnzimmer. Die Anamnese hier, kann ja wohl Stunden dauern! Das schaffe ich heute nicht.
„Ok, Herr Naifeh, dann komme ich morgen zur gleichen Zeit wieder und möchte dann das Aufnahmegespräch mit Ihnen führen.“ Er nickte. Ich verabschiedete mich zaghaft und zog mich im Rückwärtsgang zurück, schloss die Tür und eilte die Treppe zum Auto hinunter. Bin mal gespannt, wie das dann morgen klappt, weil ich das auch nicht so oft mache.
2 Std. (davon Kommunikation: - Std.)
Die Lernenden...
Die Lernenden... | Methodik | |
1 | ... hören die Schilderung der Situation und sind dabei aufgefordert, sich die Ereignisse aus der Perspektive der / des Erzählenden vorzustellen | ggf. Tonaufnahme oder mündlicher Vortrag durch die Lehrperson |
2 | ... äußern spontan und möglichst ungefiltert, was ihnen durch den Kopf geht | Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch, Äußerungen werden notiert |
3 | ... lesen die Szene nochmal und stellen sie im Kurs als Standbild nach | Standbild bauen - Lehrer*in fungiert als Spielleiter*in und regt dazu an, unterschiedliche Vorstellungsbilder zu inszenieren ("in Bildern zu diskutieren") und sich erst abschließend auf eines zu verständigen |
4 | ... treten hinter die beiden Figuren und sagen ihnen von außen in einem Stimmentheater die zuvor gesammelten Sätze und Zitate ein (Sätze werden mit unterschiedlichen Betonungen/ Intonierungen mehrfach wiederholt) | Stimme(n) geben - Lehrer*in fungiert als Spielleiter*in und ermutigt, "im Spiel" auch kontroverse und mit den eigenen Normen und Werten nicht vereinbare Gedanken und Äußerungen zunächst zuzulassen |
5 | ... geben aus unterschiedlichen Perspektiven Rückmeldungen: (1) die beiden Personen aus dem Standbild aus der Perspektive der Figuren, (2) die "Einsager*innen" über die Gefühle, die der von ihnen gesprochene Satz und der Sprechgestus in ihnen auslöst, (3) die Beobachter aus der Außenwahrnehmung | Moderationskarten, - Emotionen werden notiert - in Clustern geordnet |
6 | ... sammeln in einem reflexiven Gespräch - gleichsam aus einer übergeordneten, am Erkenntnisgewinn interessierten Perspektive - zu den Sätzen, den erfahrenen Emotionen und der geschilderten Fallsituation Lernfragen, die sie im Zuge der Bearbeitung des Falls klären möchten | Kleingruppenarbeit (6 Neigungsgruppen oder Zufallsteams, sollten für die Dauer der Lernsituation bestehen bleiben) - Lernfragen auf Karten notieren |
7 | ... ordnen ihre Lernfragen den vorgeschlagenen Lernsequenzen zu | Plenumsdiskussion um die geplante Übersicht der Lernsituation an einer Metaplanwand |
4 Std. (davon Kommunikation: - Std.)
Die Lernenden...
Die Lernenden... | Methodik | |
1 | ... tauschen sich über erste Vorstellungen und persönliche Erfahrungen mit dem Begriff „Integration“ aus | Kooperative Methode „Finde jemanden, der dir sagen kann… Was ist Integration?“, anschließend eigene Definition schriftlich festhalten, in Partner*innenarbeit vergleichen und im Plenum einzelne Definitionen vorstellen (ohne Bewertung) |
2 | ... setzen sich mit den Konzepten Exklusion, Separation, Integration, Inklusion auseinander und diskutieren Unterschiede sowie deren Bedeutung für pflegerisches Handel | Lehrvortrag mit Postermaterial (z. B. von Aktion Mensch), anschließende Gruppenarbeit zur Bedeutung in der Pflegepraxis |
3 | ... reflektieren Bedürfnisse und Wünsche von zugewanderten Menschen im Kontext von Integration und gelingender Teilhabe | Einzel-/Partnerarbeit, Ergebnisse im Plenum gesammelt und diskutien |
4 | ... analysieren institutionelle und gesellschaftliche Widersprüche, die Integration erschweren können, z. B. Abhängigkeit von Behörden trotz individueller Integrationsbemühungen | Gruppenarbeit, ggf. Diskussion konkreter Fallbeispiele oder eigener Beobachtungen aus der Praxis |
5 | ... setzen sich mit dem Konzept der transkategorialen Kompetenz auseinander und verstehen dessen Weiterentwicklung aus dem Konzept der transkulturellen Kompetenz | Input durch Lehrer*in (Vortrag), Visualisierung der drei Pfeiler (Selbstreflexivität, narrative Empathie, Erfahrung/Wissen) (siehe Dokumente) |
6 | ... analysieren die Abbildung zu den „Drei Pfeilern der transkategorialen Kompetenz“ | Gemeinsame Interpretation der Grafik, Reflexion im Plenum (siehe Dokumente) |
7 | ... üben Selbstreflexion anhand vorgegebener Fragen oder Impulse | Einzelarbeit, anschließend freiwillige Ausschnitte im Gruppengespräch teilen |
8 | ... erarbeiten Möglichkeiten der Integration und Teilhabe älterer Menschen mit Migrationsgeschichte im Pflegealltag unter Berücksichtigung transkategorialer Aspekte | Gruppenarbeit, ggf. Präsentation der Ergebnisse auf Plakaten oder in kurzen Statement |
6 Std. (davon Kommunikation: 6 Std.)
Die Lernenden...
Die Lernenden... | Methodik | |
1 | ... erarbeiten sich vor dem Hintergrund ihrer Kenntnisse und Erfahrungen zur Struktur und Finanzierung der häuslichen Pflege die Ziele für ein Anamnesegespräch in diesem Setting | Kleingruppenarbeit |
2 | ... formulieren die zu erhebenden Inhalte und entsprechende Fragen | Kleingruppenarbeit |
3 | ... vergleichen ihre Ergebnisse mit Beispielen von Anamnesebögen aus verschiedenen Pflegeeinrichtungen, prüfen diese kritisch in Bezug auf die zuvor überlegten Zielsetzungen und ergänzen ihren Fragenkatalog, wenn erforderlich | Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch |
4 | … formulieren vor dem Hintergrund ihres eigenen Vorverständnisses erste Ziele für eine personenzentrierte Kommunikation mit Herrn Naifeh bzw. leiten aus dem vorangegangenen Unterricht | Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch |
5 | ... reaktivieren ihr Vorwissen hinsichtlich möglicher Angebote und Hilfsinstrumente für die sprachliche Verständigung mit Menschen mit eingeschränkten Deutschkenntnissen | Lehrer*invortrag, ggf. Expert*innenvortrag aus einem Pflegedienst |
6 | … rekonstruieren ihre Kenntnisse und ihre Erfahrungen in der Gestaltung der pflegerischen Interaktion mit Menschen, die schwermütig sind, um diesen Aspekt in die Vorbereitung des Anamnesegesprächs zu integrieren | Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch oder ergänzender Auftrag in der anschließenden Kleingruppenarbeit |
7 | ... …erarbeiten sich das RESPECT-Modell (Domenig 2021, S. 687) als mögliche Gesprächsstruktur, um ein respektvolles Gespräch zu gestalten | ergänzender Auftrag in der anschließenden Kleingruppenarbeit (siehe Dokumente) |
8 | ... entwickeln ein Konzept für das Vorgehen im Anamnesegespräch mit Herrn Naifeh für den Folgetag nach der ersten Begegnung | Fortsetzung der Kleingruppenarbeit |
9 | ... entwickeln ein Konzept für das Vorgehen im Anamnesegespräch mit Herrn Naifeh für den Folgetag nach der ersten Begegnung unter Berücksichtigung von Aspekten der transkategorialen Anamnese (Domenig 2021, S. 690 f.) | Kleingruppenarbeit (siehe Dokumente) |
2 Std. (davon Kommunikation: 2 Std.)
Die Lernenden...
Die Lernenden... | Methodik | |
1 | ... führen wechselseitig Anamnesegespräche zu fiktiven Lebensgeschichten/ Rolleneinfühlungen von Herrn Naifeh und reflektieren ihre Gespräche jeweils im Anschluss | Schritt 1-4: Rollenspiel mit anschließender Reflexion -> Aufteilung der Klasse in zwei Großgruppen aus jeweils drei Arbeitsgruppen, die Gruppen arbeiten selbstorganisiert bzw. von jeweils einer Lehrperson begleitet (ggf. Teamteaching), bei ausreichenden Räumlichkeiten besteht auch die Möglichkeit der Triadenarbeit |
2 | ... (eine Lernende/ ein Lernender), der/ dem die Biografie nicht bekannt ist, führt das Anamnesegespräch anhand des zuvor in Sequenz 3 entwickelten Konzepts | |
3 | ... reflektieren das durchgeführte Gespräch jeweils im Anschluss aus den unterschiedlichen Perspektiven anhand einer vorgegebenen Struktur (Pflegende - Herr Naifeh - Beobachter*in): Wie ist der Kontakt gelungen? Wie ist Verständigung erfolgt? Wie wurden Inhalte der fiktiven Biografie deutlich? Wie sind die Informationen für die Planung des Pflegeprozesses nutzbar? Wie hoch ist der Realitätsgrad der fiktiven Biografie? | Reflektion des Rollenspiels anhand einer vorgegebenen Struktur |
4 | ... verständigen sich nach der Durchführung aller drei Durchläufe darüber, welche der erarbeiteten Strategien sich in der Fallsituation als hilfreich erwiesen haben und dokumentieren diese Erkenntnisse | Gruppenarbeit |
Voraussetzungen
Parallelen
Entwicklung
Dokumente