Streuzucker

Versorgung eines Säuglings mit akuter Gastroenteritis infolge einer Rotavireninfektion - Interaktion mit einer Familie, die aus dem arabischen Kulturkreis stammt

Gliederung

Der Fall

Streuzucker

Udai Rahman ist drei Monate alt und wurde vor zwölf Tagen wegen wässriger Durchfälle, Gewichtsverlust, Nahrungsverweigerung und beginnender Dehydratation stationär aufgenommen. Sein Allgemeinzustand war schlecht, er wirkte apathisch und die Eltern machten sich große Sorgen. Nach anfänglicher Infusionstherapie liegt jetzt nur noch ein verschlossener peripherer Zugang. Mittlerweile trinkt er sehr gut und der Urinbefund ist unauffällig.

Seine Mutter ist als Begleitperson mit aufgenommen und ist über die gängigen Hygienerichtlinien informiert. Sie stillt nicht. Udai ist das dritte Kind, nach zwei Töchtern ist er der erste Sohn. Die Mutter spricht kein Deutsch, der Vater spricht deutsch, kann aber erst spät abends auf die Station kommen. Die Geschwister werden zu Hause von der Großmutter versorgt. Die siebenjährige Schwester Dalal ist tagsüber sehr oft im Krankenhaus und fungiert auch als Dolmetscherin der Mutter. Ihr wurden die stationären Räumlich-keiten ebenfalls gezeigt und es wurde ihr auch eingeschärft, dass sie die Stationsküche nicht betreten darf und dass die Pflegekräfte ihr die Säuglingsnahrung bringen.

Die Pflegenden und der Pädiater wundern sich über den ungewöhnlichen Krankheitsverlauf von Udai. Bei positivem Rotavirenbe-fund ändert sich die Konsistenz und Frequenz der Stühle nicht dauerhaft. Gestern Nachmittag kam Dalal mit einer Windel in der Hand aus dem Zimmer in das an die Stationsküche angrenzende Dienstzimmer: „Schon wieder, stinkig, wie Wasser … wir wollten doch endlich nach Hause …“ „Guck mal, und dann will Dr. Meier-Wolf noch schneller aufbauen …“ stupst Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin Beata die Pflegeschülerin Alexandra an. Alexandra ist heute im Frühdienst eingesetzt. Gerade sieht sie, wie Frau Rahman in der Stationsküche steht und zwei Tütchen Streuzucker in die fertig erwärmte Milchnahrung für Udai einstreut.

Situations-merkmale

Zielgruppe

  • Neugeborene / Säuglinge bis 1 Jahr
  • Kinder (2 - 10 Jahre)
  • Menschen mit unterschiedlichen kulturellen und sozialen Hintergründen
  • Partnerschaft, soziale Bezugspersonen, Familien

Setting

  • Akutklinik

Pflegeanlass

  • Unselbstständigkeit in der Selbstversorgung
  • Einschränkung in der Kommunikation
  • Kommunikations- / Informations-/ Beratungsbedarf
  • Erkrankung Verdauungssystem

Lernsequenzen

Sequenz 1 - Die Situation von Familie Rahman - Probleme ermitteln, Hypothesen bilden, Lernfragen begründet ableiten

3 Std. (davon Kommunikation: - Std.)

didaktisch inhaltliche Zuordnung

Die Lernenden...

  • entnehmen einem vorliegenden Genogramm aus der Familienanamnese zum Fall zentrale Informationen und formulieren diese aus,
  • identifizieren die zentralen Problemstellungen in der Fallsituation,
  • bilden Hypothesen, die als Erklärung für die identifizierten (patho-)physiologischen Problemstellungen herangezogen werden können und suchen auf der Grundlage ihres Vorwissens nach Belegen, um diese zu veri- oder falsifizieren,
  • decken Wissenslücken auf und entwickeln daraus fallbezogene Lernfragen,
  • vollziehen auf der Grundlage des vorliegenden Genogramms und der Fallschilderung die aktuelle Situation der Familie Rahmann nach,
  • bilden erste Hypothesen zu den sozialen und kulturellen Hintergründen, die zur Entstehung der in der Fallsituation identifizierten Problemstellungen beitragen könnten.

didaktisch methodischer Verlauf

Die Lernenden... Methodik
1 ... betrachten das Genogramm zur Fallsituation zunächst ohne Fallschilderung, geben die dort dargestellte Situation in eigenen Worten wieder und halten erste Probleme fest, die sie bereits dieser Darstellung entnehmen können Einzel-/ Partner*innenarbeit mit anschließendem Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch - Sammlung der Probleme auf Karten
2 ... lesen ergänzend die Fallschilderung und identifizieren weitere Problemstellungen, die dabei sichtbar werden - "Was läuft schief/ erscheint problematisch?" Sozialform: Erarbeitung in Kleingruppen, orientiert am Vorgehen der ersten fünf Schritte im 7-Sprung des Problemorientierten Lernens (POL) -> Lesen des gesamten Textes, vorläufige Klärung fachlicher Fragen, die das unmittelbare Verständnis behindern, Sammlung erster Eindrücke, satzweises Lesen des Textes und Ergänzung weiterer Probleme auf Karten
3 ... sichten die Probleme und bilden in freier Assoziation Hypothesen - "Warum könnte es zu diesem Problem gekommen sein?" -> Kartenabfragen (verschiedenfarbige Karten)
4 ... ordnen die Probleme mit den zugehörigen Hypothesen, indem sie sie gewichten - "Welche 3 Problemstellungen sind in der Situation besonders bedeutungsvoll?"- und/ oder clustern -> Punktabfrage (jede(r) Lernende erhält drei Klebepunkte, die sie/ er auf ausgewählte Probleme verteilen darf) - Ordnung z. B. in der Form einer Mind map
5 ... formulieren zu den Hypothesen der ausgewählten Problemstellungen mit Hilfe ihres Vorwissens fachlich abgesicherte Erklärungen - "Warum trifft diese Hypothese zu?" - bzw. "Warum ist diese Hypothese falsch?" und beurteilen wechselseitig, ob die formulierte Erklärung ausreicht, um das Problem erklären und lösen zu können -> freie Diskussion - Lehrer*in moderiert und gibt Rückmeldungen, wenn die Hypothesenbegründungen zu oberflächlich bleiben - motiviert zu intensiverer Auseinandersetzung; in leistungsstarken, disziplinierten Gruppen kann die Moderation auch von Lernenden übernommen werden
6 ... leiten aus Wissensdefiziten, die im vorausgegangenen Prozess sichtbar wurden, erste Lernfragen für die Erarbeitung der Fallsituation ab - "Was muss ich wissen und können, um als Pflegekraft bei den identifizierten Problemstellungen gut handeln zu können?" -> sofern erforderlich regt Lehrer*in an, die Fragestellung möglichst präzise auf die Fallsituation auszurichten
7 ... führen, wenn erforderlich, die entwickelten Lernfragen zusammen und ordnen sie den nachfolgenden Lernsequenzen zu sofern die Schritte 2-6 in Kleingruppen erfolgt sind, Zusammenstellung der Lernfragen im Plenum -> Orientierung in der Struktur der Lernsituation, z. B. mit Hilfe einer Wandzeitung/ eines Advanced Organizers

Sequenz 2 - Gastoenteritis nach Rotavireninfektion - Erarbeitung einer Wissensbasis für das pflegerische Handeln, um Udai gut zu versorgen und Keimverschleppung zu vermeiden

5 Std. (davon Kommunikation: - Std.)

didaktisch inhaltliche Zuordnung

Die Lernenden...

  • stellen Erkenntnisse zu Epidemiologie, Ursachen, Therapie- und Versorgungsformen bei akuter, infektiöser Gastroenteritis in verschiedenen Lebensaltern zusammen und fokussieren dabei das Säuglings- und Kleinkindalter sowie das Arbeitsfeld der pädiatrischen Klinik,
  • leiten den Zusammenhang zwischen der Anatomie/ Physiologie des Verdauungstraktes und der Pathophysiologie einer Gastroenteritis her,
  • erläutern das Ansteckungsrisiko, berücksichtigen das Infektionsschutzgesetz am Beispiel einer Rotavireninfektion und begründen die daraus abzuleitenden hygienischen Maßnahmen, wie z. B. Isolation oder die Struktur von Handlungsabläufen,
  • nennen Kriterien der pflegerischen Beobachtung von Säuglingen und Kleinkindern mit Rotavireninfekton (Urin, Stuhl, Schmerz, Temperatur, (Schleim-)Haut) und die erforderlichen Pflege- und Hygienemaßnahmen,
  • begründen und erläutern die Ernährungstherapie bei Rotaviren/ Durchfallerkrankungen im Säuglings-/ Kleinkindalter, insbesondere die Wirkung von Zucker auf die Darmflora,
  • nennen und erläutern klinikinterne bzw. nationale Leitlinien und Standards im klinischen Hygienehandeln und in der Versorgung beim Auftreten einer Gastroenteritis im Arbeitsfeld der Pädiatrie,
  • informieren sich zum Hygieneverständnis und den Ernährungsgewohnheiten im arabischen Kulturkreis (z. B. auch hinsichtlich der Vorstellungen zu Säuglingsernährung/ Stillen),
  • identifizieren aufgrund ihres erweiterten Fachwissens ggf. ergänzende Probleme in der Fallsituation,
  • verstehen Gefühle und Gedanken, die die einzelnen Mitglieder der Familie Rahman in der Krankenhaussituation und in Verbindung mit der Erkrankung des Kindes bewegen könnten,
  • bilden erweiternd zu Lernsequenz 1 Hypothesen zu den Ursachen für die Unsicherheiten und Fehleinschätzungen von Frau Rahmann in Bezug auf die Versorgung ihres Kindes,
  • reflektieren Merkmale und Begründungen im Spannungsfeld zwischen traditionellem bzw. überliefertem und durch wissenschaftliche Evidenz begründetem Handeln.

didaktisch methodischer Verlauf

Die Lernenden... Methodik
1 ... reaktivieren ihre im bisherigen Unterricht erarbeiteten Kenntnisse zur Anatomie und Physiologie des Darms und zur Ernährungslehre, zum Hygienehandeln und den verschiedenen Wegen der Keimübertragung sowie zur Entwicklung und Pflege eines Säuglings in den ersten Lebensmonaten und systematisieren sie fallbezogen Methode(n) zur Wiederaneignung und Systematisierung bereits erarbeiteten Wissens, z. B. Wissensquiz + Ableitung einer Mind map im Rückgriff auf die mit Sequenz 1 bestimmten Probleme und Lernfragen, die sich auf ursächliche Begründungszusammenhänge beziehen
2 ... decken auf dieser Grundlage ihre Wissenslücken auf, präzisieren ihre in Sequenz 1 formulierten Fragestellungen und verabreden eine arbeitsteilige Wissensrecherche moderiertes Klassengespräch, kann ggf. auch in einer Fortsetzung der Kleingruppenarbeit erfolgen - Lehrer*in hält sich mit Lösungen zurück, macht aber auf Wissensdefizite sowie eindimensionale und oberflächliche Lösungsansätze aufmerksam und regt zu einer gründlichen Problemanalyse an
3 ... recherchieren zu unterschiedlichen Aspekten, die sie aus ihren Fragestellungen ableiten - alternativ dazu erarbeiten sie arbeitsteilig Wissensinhalte zu definierten Themenbereichen wie z. B. - (1) Rotaviren und ihre Auswirkungen bei Säuglingen im Darm (+ Physiologie der Darmflora in der ersten Lebensphase), Übertragung, Verlauf der Infektion, Risiken der Erkrankung - (2) Regelungen des Infektionsschutzgesetzes in Verbindung mit Rotavireninfektion und Ableitung der erforderlichen Pflegeinterventionen - (3) Zusammenhang zwischen der Ernährung/ Flüssigkeitszufuhr des Säuglings und der Therapie bei einer akuten infektiösen Gastroenteritis - Rehydrierung/ Nahrungsaufbau bzw. Realimentation Lehrer*in gibt in der Betreuung der Arbeitsgruppen Hinweise zur Quellensuche und Quellenbeurteilung und zum Vorgehen bei der Rezeption und der Zusammenfassung der Erkenntnisse - alternativ können in Abhängigkeit vom Lernstand und Leistungsvermögen bzw. der bereits entwickelten Selbstlernkompetenz der Lernenden auch fertige Arbeitsmaterialien vorbereitet und die Erarbeitungen durch Leitfragen gesteuert werden
4 ... tragen die Ergebnisse ihrer Recherche/ Selbsterarbeitung zusammen, generieren daraus Informationen für die im Fall in Sequenz 1 bzw. in dieser Sequenz in Schritt 1 und 2 bestimmten medizinisch-pflegerischen Problemlagen und Wissenslücken Ergebnisvorstellung und -diskussion im Plenum entlang der bis hierher entwickelten Fragestellungen, Lehrer*in moderiert wiederum und macht ggf. auf Fehler und Missverständnisse aufmerksam - möglichst ohne diese selbst richtig zu stellen
5 ... formulieren einen Handlungsleitfaden für die pflegerische Versorgung des Säuglings mit Rotavireninfektion Gruppenarbeit, ggf. kann das Ergebnis als Teilleistungskontrolle eingesammelt und bewertet werden

Sequenz 3 - Klinikaufenthalt in einem fremden Land - Familie Rahman verstehen und professionell informieren

6 Std. (davon Kommunikation: 3 Std.)

didaktisch inhaltliche Zuordnung

Die Lernenden...

  • erläutern die Regeln der Elternintegration in die pflegerische Versorgung in pädiatrischen Kliniken und deren Begründungszusammenhang,
  • erweitern und präzisieren ihre Kenntnisse zu einem Modell familienbezogener Pflege (Normen, Ansprüche, Begründungen) und wenden es fallbezogen an,
  • erklären und verstehen Familienstrukturen und die Bedeutung familiärer Beziehungen im arabisch-muslimischen Kulturkreis,
  • erläutern einige Grundauffassungen im Verständnis von Gesundheit und Krankheit im Islam,
  • formulieren zentrale (familienbezogene) Pflegeziele und wählen geeignete Interventionen aus,
  • nennen verschiedene (formelle und informelle) Möglichkeiten der Überwindung von Sprachbarrieren im Klinikalltag,
  • leiten Konsequenzen für die Realisierung einer interkulturellen Verständigung und die Überwindung von Sprachbarrieren in der Klinik her (regionale Perspektive),
  • nutzen ausgewählte Möglichkeiten der Überwindung von Sprachbarrieren im Klinikalltag,
  • entwickeln nonverbale (bildsprachliche, gestische, demonstrierende ...) Wege der Übermittlung von komplizierteren, pflegerischen, gesundheitsbezogenen und medizinisch relevanten Informationen und Pflegehandlungen,
  • üben Kommunikationssituationen, die mit Hilfe von Dolmetscher*innen gestaltet sind,
  • führen fallbezogen die pflegerische Beobachtung des Kindes durch (Urin, Stuhl, Schmerz, Temperatur, (Schleim-)Haut) und erläutern die wesentlichen Kriterien in verständlicher Form,
  • erläutern ausgewählte Schritte der pflegerischen Versorgung des Kindes, insbesondere hinsichtlich des Hygienehandelns, verständlich und für die Bezugspersonen nachvollziehbar,
  • erläutern wesentliche Aspekte der Ernährung des Säuglings in dieser Situation gegenüber den Bezugspersonen in nachvollziehbarer Form,
  • verstehen fremd anmutendes Verhalten vor dem Hintergrund der anderen kulturellen Identität und Prägung,
  • verständigen sich über die möglichen Sichtweisen der unterschiedlichen Familienmitglieder und deren Umgang mit sprachlichen und kulturellen Barrieren (auch über die Sorge, dass religiöse Bedürfnisse nicht wahrgenommen werden), berücksichtigen insbesondere die Rolle von Dalal,
  • planen den individuellen Pflegeprozess für Udai in seiner Familie,
  • gestalten verschiedene Situationen der Informationsgabe im Therapieverlauf von Udai mit der Familie Rahman und überprüfen damit simulativ geeignete Wege für eine gelingende Verständigung,
  • evaluieren Interaktionssituationen multiperspektivisch,
  • reflektieren das widersprüchliche Erleben und Verhalten von Migrant*innen, z. B. aus der Perspektive der erwachsenen Mitglieder der Familie Rahmann, zwischen Unterstützungsbedarf in der klinischen Versorgung und dem Anspruch, Autonomie und kulturelle Identität zu wahren,
  • reflektieren die Situation von Dalal im Spannungsfeld zwischen der "natürlichen Entwicklung" einer Siebenjährigen und ihren unterschiedlichen Rollen als Tochter, Schwester, Schülerin und Dolmetscherin.

didaktisch methodischer Verlauf

Die Lernenden... Methodik
1 … aktivieren anknüpfend an Sequenz 1 ihre Kenntnisse zu den Ansprüchen familienbezogener Pflege und der Familienintegration bei Klinikaufenthalten und formulieren/ ergänzen die Anforderungen, die bei der Aufnahme von Familie Rahmann hinzukommen - unterscheiden dabei zwischen Aspekten sprachlicher Verständigung und kulturellen Differenzen Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch, z. B. mit Rückbezug auf die in Sequenz 1 bereits definierten Probleme, die in Schritt 5 erstellte Mind map bzw. den Advanced Organizer
2 … informieren sich im Überblick zum Gesundheits- und Krankheitsverständnis sowie zum Familienleben im Islam und erweitern bzw. präzisieren damit ihre Hypothesen zu den Handlungsmotiven in der Familie Rahmann während des Klinikaufenthaltes Lehrer*inkurzvortrag oder auch Schüler*innenkurzreferat - es sollten insbesondere solche Aspekte vorgestellt werden, die fallbezogen relevant sein könnten und erweiternde, auch unterschiedliche Hypothesenbildungen zulassen - die in Sequenz 1, Schritt 6 und 7 formulierten Fragen sollten dabei explizit aufgegriffen werden - !, die Thematik kann nicht umfassend bearbeitet werden, vgl. hierzu die Hinweise unter "Weiterführung"! ALTERNATIVE: wenn ausreichend Zeit zur Verfügung steht, können Informationen zu diesem und dem folgenden Aspekt auch durch selbständige Recherche/ Lektüre/ Textarbeit zusammengetragen werden
3 … stellen mögliche Wege zur Überwindung der Sprachbarrieren in der Fallsituation in übersichtlicher Form zusammen Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch, ergänzt durch zusätzliche durch die/ den Lehrer*in bereitgestellte Informationen (an dieser Stelle zunächst möglichst wertfrei), Entwicklung einer strukturierten Übersicht
4 … identifizieren anknüpfend an Sequenz 2 die zentralen Pflegeprobleme für Udai und seine Familie, definieren Pflegeziele, setzen Schwerpunkte und entwickeln Ideen, wie sie diese Zielsetzungen im Kontakt mit der Familie Rahmann aushandeln und realisieren können Partner*innen oder Kleingruppenarbeit mit anschließendem Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch im Plenum
5 … entscheiden sich auf der Grundlage der Erarbeitung in Sequenz 2 für einen thematischen Schwerpunkt, zu dem sie sich mit Frau Rahmann gerne austauschen möchten und/ bzw. zu dem sie ihr gerne Informationen übermitteln möchten und für einen kommunikativen Weg des Austauschs/ der Informationsgabe Schritt 5-7: Kleingruppenarbeit - Thematische Schwerpunkte könnten z. B. sein: (1) Entstehung von Durchfällen und Risiko durch Rotaviren, (2) Hygienehandeln mit Anleitung der pflegerischen Versorgung des Kindes unter den Bedingungen der Isolation, (3) Erläuterungen zur Ernährung des Säuglings - Kommunikative Wege könnten/ sollten z. B. sein: (a) Zusammenarbeit mit Dolmetscher*in, (b) Erläuterung mit Hilfe von Zeichen und Symbolen, (c) Nutzung von Übersetzungscomputern bzw. entsprechenden Apps, (d) Verständigung in einer von beiden Seiten eingeschränkt beherrschten Drittsprache <- die Gruppen sollten möglichst unterschiedliche Wege bearbeiten, um das Spektrum für eine Diskussion in Schritt 8/ 9 zu eröffnen
6 … bereiten den gewählten thematischen Schwerpunkt zunächst inhaltlich auf, indem sie die für die Situation wesentlichen Informationen möglichst einfach und verständlich zusammenfassen, benennen hierzu die von der Familie im Gespräch benötigten Informationen, bestimmen Zugangswege aufgrund der vermuteten Bedürfnisse der Familienmitglieder und entwickeln eine Strategie für die Übersetzung in die gewählte Kommunikationsform
7 ... simulieren die geplante Interaktion und erarbeiten eine möglichst gute Lösung durch wechselseitige Rückmeldungen und mehrmalige Versuche zur Optimierung evtl. Dokumentation der optimierten Lösung mittels Video
8 ... präsentieren ihre Lösungen und die Beobachtungen, die sich bei der Erarbeitung ergeben haben - vergleichen die verschiedenen Kommunikationswege und arbeiten jeweils Vor- und Nachteile heraus, wobei sie ggf. auch unterschiedliche Perspektiven und Interessen berücksichtigen Präsentation und Diskussion im Plenum - kontrastierende Dokumentation der Ergebnisse, z. B. in Form einer Tabelle
9 ... gleichen ihre Ergebnisse ggf. mit Erkenntnissen aus der Fachliteratur ab und ergänzen bzw. erweitern damit ihre Standpunkte Zusammenfassung von Erkenntnissen, die aus unterschiedlichen Textquellen gewonnen wurden - z. B. Stuker 2007, Bühlmann & Stauffer 2007, Uzarewicz 2007 - und Abgleich mit den Erfahrungen aus der Simulation

Sequenz 4 - Kultur- und differenzsensibel pflegen - ein zusätzlicher Theorieanspruch oder wichtige Überlegungen für den Pflegealltag?

3 Std. (davon Kommunikation: Std.)

didaktisch inhaltliche Zuordnung

Die Lernenden...

  • verständigen sich über den Begriff der Fremdheit,
  • erfassen die (statistische) Relation zwischen Migrant*innen, die ihre kulturellen Wurzeln außerhalb Deutschlands haben, und Migrant*innen, die in der zweiten oder dritten Generationen in Deutschland leben,
  • unterscheiden Definitionen des Kulturbegriffs,
  • differenzieren die verschiedenen Begrifflichkeiten, die in Verbindung mit kultur- und differenzsensibler Pflege Anwendung finden (z. B. "multikulturell"/ "interkulturell"/ "transkulturell"/ ...) in ihrer Relation zum verwendeten Kulturbegriff,
  • bestimmen, welches Begriffsverständnis die vorangegangene Erarbeitung der Fallsituation in den verschiedenen Sequenzen beeinflusst hat,
  • formulieren erste Ansprüche an eine kultur- und differenzsensible Pflege und beziehen sie auf die bearbeitete Fallsituation,
  • sammeln erste Aspekte für die Erhebung einer kultur- und differenzsensiblen Pflegeanamnese,
  • verständigen sich über Gefühle, die Fremdheit und/ oder das als "fremdartig-betrachtet-werden" in ihnen auslösen,
  • verständigen sich über ihre eigenen Einstellungen zur Kultur und auch zur Religion,
  • verständigen sich über eigene Gefühle, Vorurteile, Konflikte, Einstellungen, Haltungen gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund,
  • nähern sich den paradoxen Einheiten Sesshaftigkeit vs. Mobilität bzw. Nähe vs. Ferne und betrachten die intrapsychische Antinomie, sich in der Fremdheit gleichzeitig vom Gleichen und durch das Entgegengesetzte angezogen und abgestoßen zu fühlen (Simmel 1908),
  • diskutieren das Spannungsfeld, dem sie in der Pflegepraxis zwischen theoretisch begründeten Ansprüchen an ihr Pflegehandeln und den sich tatsächlich ergebenden Abläufen im Pflegealltag begegnen,
  • wägen in einer ersten Annäherung die Handlungsspielräume und Begrenzungen kultur- und differenzsensibler (und familienbezogener) Pflegemodelle für ihr Pflegehandeln im Stationsalltag ab.

didaktisch methodischer Verlauf

Die Lernenden... Methodik
1 … diskutieren Aspekte einer kultur- und differenzsensiblen Pflege zu den Schwerpunkten: (a) Migration, (b) Fremdheit, (c) Kultur und Zugangswege zu anderen Kulturen Schritt 1+2: Lehrer*in gibt Impulse über: (a) ausgewählte aktuelle Fakten und Daten zur Migration in Deutschland - ggf. fokussiert auf den arabischen Kulturkreis, (b) den Begriff der "Fremdheit", (c) den Begriff "Kultur" und die Begriffe "multikulturell"/ "interkulturell"/ "transkulturell" und (d) den Begriff "Diversität". Die Auseinandersetzung kann z. B. über eine Ausstellung von Texten und Zitaten zunächst in einem stummen Schreibgespräch und anschließend in einer moderierten Klassendiskussion oder im Rahmen eines "World-/ (Literatur-)Cafes" erfolgen, die Diskussionsprozesse münden in der Frage: Welches Verständnis von "Kultur" und der Beziehung zwischen Kulturen lagen dem bisherigen Unterrichtsverlauf dieser Lernsituation zugrunde?
2 … tragen zentrale Aspekte der vorangegangenen Diskussion zusammen und beziehen sie auf die vorangegangene Fallbearbeitung Zusammenfassung im Plenum - Lehrer*in moderiert und sichert die zentralen Aspekte
3 … leiten erste Ansatzpunkte für eine kultur- und differenzsensible Pflegeanamnese ab Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch - mit Verweis auf curriculare Ansatzpunkte im weiteren Ausbildungsverlauf, ggf. auch Dokumentation der Ergebnisse für die Lernsituation --> Das kann ja Stunden dauern
4 … diskutieren den Sinn der Entwicklung von theoretischen Pflegemodellen und Konzepten für praktisches Pflegehandeln moderierte Pro- und Contra-Diskussion zu einer provozierenden These, die den Lernenden auch in der Praxis begegnen kann (in etwa: "Familienbezogene Pflegemodelle, kultur- und differenzsensible Pflege - also diese ganzen Theoriemodelle bringen für die Praxis eigentliche wirklich nichts, da geht es um ganz was anderes") -> Positionierung -> kontrastierendes Zusammentragen von Argumenten -> Priorisierung der Argumente der Gegenpartei -> begründete Neupositionierung

Sequenz 5 - Ergebnissicherung: Bearbeitung und Auswertung einer fallbezogenen schriftlichen Prüfung

3 Std. (davon Kommunikation: 0,5 Std.)

didaktisch inhaltliche Zuordnung

Die Lernenden...

  • bearbeiten Fragen zum Fall der Lernsituation, die am Aufbau und der Form der Fragestellung des schriftlichen Teils der staatlichen Prüfung orientiert sind,
  • reproduzieren Kenntnisse, die sie in der Lernsituation erworben haben,
  • vollziehen die in der Fallbearbeitung erforderlichen Analyse- und Syntheseleistungen nach und machen sich die damit verbundenen Anforderungen bewusst,
  • verdeutlichen sich, wie individuelle Verstehensleistungen und Sichtweisen, z. B. durch deutende Situationsbeschreibungen, Perspektivenübernahme und Hypothesenbildung, auch in Kompetenzüberprüfungen einfließen können,
  • nehmen Anforderungen und Schwierigkeitsgrade verschiedener Fragetypen wahr und schätzen hierzu jeweils ihre persönlichen Stärken und Schwächen ein,
  • wägen in einer fallbezogenen Entscheidung Handlungsalternativen ab bzw. diskutieren z. B. Vor- und Nachteile fallspezifisch relevanter Konzepte und gelangen zu begründeten Urteilen.

didaktisch methodischer Verlauf

Die Lernenden... Methodik
1 … bearbeiten Klausurfragen zur Fallsituation, die dem Muster der in der schriftlichen Abschlussprüfung gängigen Form fallbezogener Aufsichtsarbeiten entsprechen entweder in der Form einer Probeklausur oder als benotete schriftliche Lernzielkontrolle
2 … werten ihre Antworten aus und machen sich dabei die verschiedenen Typen von Fragestellungen und Anforderungen bewusst entweder gegenseitige Auswertung der Ergebnisse mit Hilfe von Lösungsmustern oder als Klausurbesprechung mit exemplarischen Antwortbeispielen zu mehr oder weniger gelungenen Lösungen bezogen auf die verschiedenen Fragentypen

Hinweise zur Unterrichts-vorbereitung

Voraussetzungen, Weiterführungen, Alternativen

Voraussetzungen


Weiterführungen

Anhang

Entwicklung


Dokumente

Literatur

cc 0