Meine Bauchspeicheldrüse kann mich mal
Umgang mit chronischer Erkrankung im Jugendalter - Adhärenz fördern - Informationsgespräche bzw. Mikroschulungen auf die Bedürfnisse der Zielgruppe ausrichten
Der Fall
„Meine Bauchspeicheldrüse kann mich mal!“
Schülerin Lisa ist Auszubildende zur Pflegefachfrau im 2. Ausbildungsjahr. Im Rahmen ihrer Ausbildung absolviert sie einen Praxiseinsatz auf einer pädiatrischen Station. Heute im Frühdienst begleitet sie die Pflegefachfrau Gudrun. Sie erfährt von ihr, dass sie sich am heutigen Tag zunächst hauptsächlich um die 13-jährige Arwen kümmern werden. Arwen sei vor 3 Tagen aufgrund einer Erstmanifestation eines Diabetes mellitus Typ 1 aufgenommen worden. Schwester Gudrun erzählt, dass die Jugendliche bei der Aufnahme sehr schläfrig war und kaum auf Ansprache reagierte. Ihre Atmung sei dabei sehr tief gewesen. Lisa fällt auf, dass Arwen ein sehr schlankes Mädchen ist. Als sie mit Schwester Gudrun das Zimmer betritt, liegt das Mädchen noch im Bett.
„Ich habe heute keine Lust aufzustehen. Frühstücken will ich auch nicht und dieses doofe Insulin will ich erst recht nicht. Ich mache bei diesem Scheiss nicht mehr mit.“ Schwester Gudrun erklärt Arwen, dass ihre Bauchspeicheldrüse nicht mehr richtig arbeiten würde und warum es nötig ist, ihre Krankheit in den Griff zu bekommen. Arwen reagiert darauf mit einem Augenrollen, dreht sich betont im Bett zur anderen Seite und murmelt: „Meine Bauchspeicheldrüse kann mich mal!“
Situations-merkmale
Zielgruppe
- Jugendliche (10 – 18 Jahre)
Pflegeanlass
- Kommunikations- / Informations-/ Beratungsbedarf
Lernsequenzen
Sequenz 1 - 13 Jahre alt ... - Annäherung an ein Lebensgefühl
2 Std. (davon Kommunikation: 2 Std.)
didaktisch inhaltliche Zuordnung
Die Lernenden...
- erinnern und vergegenwärtigen sich ihr Lebensgefühl mit 12/ 13 Jahren und tauschen sich mit anderen darüber aus,
- bilden aus der Aneignung eigener Erfahrungen mögliche Reaktionsmuster von Jugendlichen auf die Konfrontation mit der Diagnose einer chronischen Erkrankung (Generierung von 'Typen' für die weitere Erarbeitung).
didaktisch methodischer Verlauf
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Die Lernenden... |
Methodik
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1 |
... unternehmen eine Phantasie-/ Erinnerungsreise in die Zeit, als sie 12/ 13 Jahre alt waren |
Phantasiereise, die von der Umgebungswahrnehmung zum inneren Erleben führt: -> Wohnort/ Wohnung/ Zimmer ... - Menschen - Mitschüler*innen, Freund*innen, Feind*innen, Lehrer*innen, Eltern, Geschwister ... - Lieblingsmusik und Hobbys ... - Lebensgefühl ... - Gedankenwelt ... |
2 |
... schreiben eine Geschichte, ein Gedicht, einen Liedtext, ... über sich und ihr Lebensgefühl in dieser Zeit |
Einzelarbeit |
3 |
... tauschen sich über ihre Gefühle und Gedanken in dieser Lebensphase aus |
Partner*innenarbeit oder Kleingruppen (möglichst Wohlfühlgruppen bilden lassen) |
4 |
... lesen die Fallsituation und überlegen sich: (1) Wie wäre es mir an Arwens Stelle ergangen? (2) Mit wem hätte ich wie darüber gesprochen? |
Einzelarbeit |
5 |
... inszenieren kurze Spielszenen/ Dialoge zu "dieser Krank-heit" zwischen der 13-Jährigen und (1) der besten Freundin/ dem besten Freund, (2) Mitschüler*innen auf dem Schulhof, (3) Familie (Eltern, Geschwistern, ...), (4) Fachpersonen im Gesundheitswesen (Pflegefachfrau/ -mann, Ärztin/ Arzt, ...) |
Prinzip der 4-Ecken-Methode mit den festen (Wohlfühl-)Gruppen oder jeweils wechselnden Gruppen |
6 |
... tragen ihre Erfahrungen aus dieser Einstiegsphase zusammen |
Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch im Plenum |
7 |
... bilden anhand ihrer Beobachtungen/ (Eigen-)Erfahrungen Cluster von möglichen ('typischen') Reaktions-/ Verhaltens-mustern von Mädchen und Jungen im Alter von 13 Jahren in dieser Situation gegenüber verschiedenen Gesprächs-partner*innen |
verschiedene ('Leer-')Gesichter mit Sprech-/ Denkblasen und Kurztitel als Charakterisierung (Lena, die Coole/ Ben, der Schweiger/ ...) |
8 |
... formulieren, den Einstieg abschließend, Lernfragen, die sie den Sequenzen 2 bis 4 zuordnen |
Kartenabfrage und Wandzeitung o. ä. zum Aufbau der gesamten Lernsituation |
Sequenz 2 - "Diabetes mellitus Typ 1" - das Krankheitsbild erklären
6 Std. (davon Kommunikation: - Std.)
didaktisch inhaltliche Zuordnung
Die Lernenden...
- erklären das Krankheitsbild Diabetes mellitus Typ 1 und stellen es dem bereits bekannten Typ 2 gegenüber,
- erweitern und vertiefen ihr Wissen zur s. c.-Verabreichung von Insulin,
- nennen am konkreten Beispiel Strategien zur Aktualisierung von pflegebezogenem und bezugswissenschaftlichem Fachwissen und wenden diese an,
- überprüfen ein vorliegendes Konzept einer Mikroschulung auf der Basis der 'besten verfügbaren Evidenz'.
didaktisch methodischer Verlauf
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Die Lernenden... |
Methodik
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1 |
... aktivieren ihr Vorwissen (Anatomie, Physiologie, Ernährung und Stoffwechsel, Krankheitslehre des Diabetes mellitus Typ 2, ...) |
Wissenstest zur Selbstkorrektur, ABC-Methode, Wissensquiz, ... |
2 |
... recherchieren zu Diabetes mellitus Typ 1 breit oder anhand von gezielten Arbeitsaufträgen |
Eigenrecherche in Einzel- oder Partner*innenarbeit |
3 |
... tragen ihr Wissen zusammen und erarbeiten z. B. einen tabellarischen Vergleich beider Diabetesformen |
Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch oder auch selbstorganisiert mit abschließender Korrektur durch die Lehrperson als Expertin/ Experte |
4 |
... aktivieren ihr Wissen zur s. c.-Injektion und ergänzen es hinsichtlich der Verabreichung von Insulin
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Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch verbunden mit Aufgaben zur gezielten Eigenrecherche, an dieser Stelle nur die Sach-analyse (Kapitel 3.7 der Handreichungen zur Mikroschulung des Netzwerks Patienten- und Familienedukation 2008) verwenden und noch nicht das gesamte Konzept einführen! |
5 |
... überprüfen die "Sachanalyse" aus den Handreichungen zur Mikroschulung am Beispiel der subkutanen Injektion (Netzwerk Patienten- und Familienedukation 2008, 12 - 21) und erarbeiten sich an diesem Beispiel Strategien zur Aktualisierung von Fachwissen |
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Sequenz 3 - Jugendalter/ Pubertät/ Adoleszenz und der Umgang mit chronischen Erkrankungen in dieser Lebensphase - Ableitung einer möglichen Interaktionsgestaltung
4 Std. (davon Kommunikation: 4 Std.)
didaktisch inhaltliche Zuordnung
Die Lernenden...
- definieren Begrifflichkeiten wie Jugendalter, Pubertät, Adoleszenz, Entwicklungsphasen / -stufen, ...
- benennen und erklären die wichtigsten körperlichen Veränderungen in der Pubertät bei Mädchen und Jungen,
- erläutern psychosoziale Aspekte in der Entwicklungsphase des Jugendalters/ der Adoleszenz (Kognitive Entwicklung / Identitätsentwicklung und -krisen/ Entwicklung des Selbstwertgefühls und der Autonomie/ Bedürfnis nach Intimität), identifizieren typische Entwicklungsaufgaben,
- kennen den Begriff des Widerstands mit unterschiedlichen psychologischen - auch psychodynamischen - Erklärungsansätzen, bringen ihn mit dem Begriff der Übertragung in Verbindung und wenden ihn exemplarisch auf die Fallsituation an,
- erklären, wie sich die Entwicklungsphasen und -aufgaben möglicherweise durch eine chronische Erkrankung verändern können und sich in der Zeit der Diagnosestellung zusätzliche Widerstände aufbauen können,
- unterscheiden die Begriffe Compliance und Adhärenz und leiten die Konsequenzen ab, die sich aus diesen Begriffen jeweils für die Interaktionsgestaltung im professionellen Handeln ergeben,
- begründen mögliche Zugangswege zu Jugendlichen, um deren Adhärenz im Umgang mit der Erkrankung zu unterstützen,
- wenden erarbeitetes Wissen zu den Entwicklungsaufgaben des Jugendalters und den besonderen Herausforderungen einer chronischen Erkrankung auf die Situation der 13-jährigen Arwen an und identifizieren vermutlich zutreffende und nicht zutreffende Merkmale,
- nehmen unterschiedliche Formen widerständigen Verhaltens von Jugendlichen wie Arwen wahr und deuten es sowohl als möglichen Ausdruck der Identitätsentwicklung als auch in Verbindung mit Übertragungsphänomenen,
- nehmen ihre eigenen Reaktionen auf widerständiges Verhalten wahr,
- suchen und entwickeln mögliche Zugangswege zu Jugendlichen, um deren Adhärenz im Umgang mit der Erkrankung zu unterstützen,
- reflektieren Widerstände im Verhalten von Jugendlichen in ihrer Dynamik bzw. Widersprüchlichkeit sowie als Ausdruck von Übertragung,
- reflektieren und deuten ihre eigenen Reaktionen auf widerständiges Verhalten mit Hilfe der erarbeiteten Begrifflichkeiten.
didaktisch methodischer Verlauf
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Die Lernenden... |
Methodik
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1 |
... erarbeiten sich systematisches Überblickswissen zum Lebensabschnitt Jugendalter/ Adoleszenz/ Pubertät hinsichtlich der Begrifflichkeiten, der körperlichen und psychosozialen Veränderungen und der Entwicklungsaufgaben |
Schritt 1 und 2:
je nachdem zur Verfügung stehenden Zeitvolumen: - Lehrer*invortrag mit ergebnissicherndem Unterrichtsgespräch, - Selbsterarbeitung mit Leittexten und zugehörigen Wissensfragen, - arbeitsteilige Selbsterarbeitung anhand von vorbereiteten Textauszügen bzw. durch Eigenrecherche mit anschließender Zusammenführung der Ergebnisse im Gruppenpuzzle/ Zahnrad/ Plenum |
2 |
... informieren sich zu Studienergebnissen zum Umgang von Kindern und Jugendlichen und ihren Familien mit chronischen Erkrankungen und unterscheiden in diesem Kontext die Begriffe Compliance und Adhärenz |
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3 |
... fassen die in Schritt 1 - 2 gewonnenen Erkenntnisse in möglichst kurzen Thesen zusammen und systematisieren sie |
Plenum/ Kleingruppenarbeit |
4 |
... ordnen die erarbeiteten Thesen einem oder auch mehreren (allen?) der in Sequenz 1 gebildeten Typen 13-jähriger Mädchen und Jungen zu |
Plenumsdiskussion oder Kleingruppenarbeit - anhand eines vorab zum Teil strukturierten Rasters (Thesen/ Typen) |
5 |
... erarbeiten, welchem Typus / welchen Typen Arwen zugeordnet werden könnte und welche Thesen aus Schritt 2 deshalb auf die Lebensphase und Situation, in der sie sich gerade befindet, zutreffen könnten |
Plenumsdiskussion |
6 |
... überlegen abschließend vor dem Hintergrund ihrer persönlichen Erfahrung und des erarbeiteten Wissens, welche Kommunikationsangebote Lisa und ihrer Praxisanleiterin unterbreiten könnten, damit Arwen z. B. eine Insulininjektion oder auch eine Erläuterung zu ihrer Erkrankung annehmen könnte bzw. um die Adhärenz im Umgang mit der Erkrankung zu unterstützen |
Plenumsdiskussion |
Sequenz 4 - Eine vorliegende Konzeption zur 'Mikroschulung s. c.-Injektion' situativ anpassen, um sie mit Arwen durchführen zu können
4 Std. (davon Kommunikation: 4 Std.)
didaktisch inhaltliche Zuordnung
Die Lernenden...
- nennen und erklären den Begriff der Patient*innenedukation bzw. der Patient*innen- und Familienedukation,
- unterscheiden die Begriffe und Ansprüche von Schulungsprogrammen und Mikroschulungen,
- eignen sich die Elemente und den Verlauf einer vorgefertigten Mikroschulung an,
- nutzen vorgefertigte Einschätzungs- und Dokumentationsbögen, um ihre Beobachtungen und ihr geplantes Vorgehen darzustellen,
- setzen ein vorgefertigtes Mikroschulungsprogramm situativ angepasst um,
- dokumentieren Verlauf und Ergebnisse der umgesetzten Schulung,
- verstehen die Situation, die Lernbedürfnisse und die "Lerneigenschaften" sowie potenzielle Probleme des jungen Menschen, mit dem die Schulung durchgeführt werden soll,
- stellen ihre Planung und Schulungsdurchführung situativ auf die Bedürfnisse, Eigenschaften und potenziellen Probleme ein,
- reflektieren mögliche Widerstände des jungen Menschen, mit dem sie die Schulung durchführen, erkennen sie als Ausdruck der individuellen Persönlichkeitsentwicklung an und suchen nach Lösungen, mit dieser Haltung förderlich umzugehen.
didaktisch methodischer Verlauf
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Die Lernenden... |
Methodik
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1 |
... erarbeiten sich das Konzept der Mikroschulung in seiner theoretischen Begründung und die Struktur für das Vorgehen (Netzwerk Patienten- und Familienedukation 2008) |
Schritt 1 und 2: Einzel-/ Partner*innenarbeit mit den Schulungsunterlagen anhand gezielter Erarbeitungsfragen, ggf. gestützt durch zusätzliche Recherche oder lehrer*innengestützte Begriffsklärung, Ergebnissicherung im Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch |
2 |
... ergänzen/ verändern/ korrigieren ggf. die Schulungsinhal-te und den daraus abgeleiteten Schulungsverlauf (Netzwerk Patienten- und Familienedukation 2008, 23-24) aufgrund der in Sequenz 2 erfolgten Überarbeitung der Sachanalyse |
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3 |
... vollziehen die Anforderungen des Einschätzungs- und Dokumentationsbogens mit Hilfe der vorgestellten Beispiele nach (Netzwerk Patienten- und Familienedukation 2008, 22, 25-27) und klären didaktische Begrifflichkeiten zu Lernmotivation/ Lerneigenschaften |
Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch |
4 |
... wählen einen in Sequenz 1 und Sequenz 3 entwickelten Typus einer/ eines Jugendlichen aus, mit der/ dem sie die Schulung umsetzen wollen und charakterisieren sie/ ihn mit Hilfe des Einschätzungs- und Dokumentationsbogens noch genauer |
Schritt 2 bis 5: Kleingruppenarbeit |
5 |
... überprüfen Schulungsmaterialien für jugendliche Diabetiker*innen, z. B. Lange et al., insbes. Kapitel 3, 53-78, ob diese fachlich korrekt sind und diskutieren, ob sie für die Zielperson ganz oder in Auszügen didaktisch sinnvoll einsetzbar sind |
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6 |
... bereiten eine Schulungseinheit (15 Min.) für die ausgewähl-te Zielperson vor und organisieren die entsprechenden Materialien (muss nicht aus dem Einstieg sein, sondern kann auch aus dem Prozessverlauf, der kurz skizziert wird, zu einem späteren Zeitpunkt ausgewählt werden) |
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7 |
... simulieren den genauen Ablauf der Schulungseinheit (Rollenspiel, Videodokumentation bzw. Fotobuch / Präsentation) |
Aufträge: (1) die Dauer von 15 Min. sollte eingehalten werden, um ein Gefühl für die Zeitdimension zu bekommen, (2) in die Simulation soll mindestens eine Situation einbaut werden, in der sich eine (unerwartete) Herausforderung ergibt (Widerstände, Lernschwierigkeiten, ...), (3) hierzu sollte ein Lösungsversuch (der nicht gelingen muss) aufgezeigt werden |
Sequenz 5 - Mögliche Schulungsverläufe mit Arwen bzw. einer/ einem Jugendlichen vorstellen und reflektieren
2 Std. (davon Kommunikation: 2 Std.)
didaktisch inhaltliche Zuordnung
Die Lernenden...
- vgl. Zielsetzungen in Sequenz 4
didaktisch methodischer Verlauf
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Die Lernenden... |
Methodik
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1 |
... präsentieren ihre Ergebnisse und geben/ erfahren jeweils Kurzrückmeldungen |
Plenum (+ ggf. Regeln für die Kurzrückmeldung) |
2 |
... wählen ein bis zwei Situationen aus, in der/ denen sich eine/ mehrere Herausforderung*en ergeben hat/ haben, analysieren diese genauer, auch indem sie auf das im Unterricht erarbeitete Wissen zurückgreifen, und diskutieren Lösungsansätze |
Plenum |
3 |
... geben eine Einschätzung ab, inwiefern sie das Konzept und die vorliegende Form der Mikro-Schulung hilfreich für die Umsetzung im Pflegealltag finden, leiten daraus Thesen und Empfehlungen ab, die für eine Rückmeldung an das Netzwerk Patienten- und Familienedukation e. V. bzw. die Universität Witten/ Herdecke gesammelt werden |
Plenum/ Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch mit Dokumentation der Kernaussagen; die Aussagen können gesammelt und ggf. zu einem späteren Zeitpunkt, nach entsprechenden Erfahrungen in der Praxis und weiteren Lernsituationen weitergeleitet werden |
4 |
... reflektieren den Verlauf der Lerneinheit und gleichen die in Sequenz 1 entwickelten Lernfragen ab |
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Hinweise zur Unterrichts-vorbereitung
- Für Sequenz 1 sollte möglichst ein großer Raum mit flexibler Möblierung zur Verfügung stehen.
- Für Sequenz 2, Schritt 1, sollten curriculare Absprachen zum erwarteten Kenntnisstand und zur Entwicklung eines Wiederholungstests oder -quiz auf dieser Grundlage erfolgen.
- Für Sequenz 3, Schritt 1, sind curriculare Absprachen zu den bereits vermittelten Vorkenntnissen sinnvoll.
- Für Sequenz 3 kann es hilfreich sein, die Unterrichtsmaterialien anwendungsbezogen vorab nochmals zu durchdenken, wenn in Sequenz 1 die Typenbildung erfolgt ist.
- Für Sequenz 4, Schritt 2-5, müsste noch ein Arbeitsauftrag für die Gruppenarbeit entworfen werden.
Voraussetzungen, Weiterführungen, Alternativen
Voraussetzungen
- Grundkenntnisse zur Anatomie/ Physiologie der Ernährung, Verdauung und des Stoffwechsels sollten vermittelt sein.
- Kenntnisse zur chronischen Erkrankung Diabetes mellitus Typ 2 – Ursachen, Pathophysiologie, Therapie, mögliche Spätfolgen, Epidemiologie – sollten vorhanden sein, z. B. aus –> Tourenplanung und Begegnungen von Haus zu Haus, –> Henriette Schulz.
- Die Lernenden sollten über technisches Wissen (und möglichst auch praktische Erfahrung) zur Verabreichung von s. c.-Injektionen verfügen.
- Es sollte bereits ein Grundverständnis zur Generierung und Evidenzbasierung von pflegerischem Handlungswissen vorhanden sein, z. B. durch Auseinandersetzung mit den Expertenstandards in der Pflege, z. B. in Verbindung mit –> Mund nicht geöffnet.
- Kenntnisse zur Führung von Informationsgesprächen und zu einer personenzentrierten und biografieorientierten Gesprächsführung sollten vermittelt sein, z. B. –> Personenzentriert kommunizieren, –> Anleiten, Informieren, Schulen, Beraten, –> Henriette Schulz.
- Grundlagen zur Entwicklungspsychologie im Kindesalter und zur altersgerechten Information von Kindern zu gesundheitsbezogenen Fragestellungen sollten vermittelt sein, z. B. –> Leon bzw. –> Lucca und Paula auf der HNO.
- Ggf. könnten auch schon erste Kenntnisse zur Entwicklungspsychologie des Jugendalters angesprochen sein, z. B. durch –> Familie als System verstehen.
Weiterführungen
- Das Erleben von Jugendlichen und sehr jungen Erwachsenen und die Problematik geringer Adhärenz wird in den folgenden Lernsituationen aufgegriffen und weiterentwickelt, z. B. durch –> Ein Mädchen, –> Eine ganz schwierige Patientin.
- Der Umgang mit chronischer Erkrankung und die Gestaltung des Pflegeprozesses nach dem Verlaufskurven- / Traject-Modell (Corbin & Strauss) schließt an mit –> Durch Verlaufskurven begleiten.
- Das Konzept der Mikro-Schulung wird im Zusammenhang mit Sturz-Prophylaxe in –> Frau Krabbe sowie in –> Ich kann da gar nicht hinschauen aufgegriffen. Die erarbeiteten Kompetenzen sollten durch einen entsprechenden Praxisauftrag, z. B. „Vorbereitung und Durchführung einer Mikroschulung zur subkutanen Injektion mit einer zu pflegenden Person“, gefestigt werden.
Parallelen
- Abhängig von der jeweiligen Verortung im Curriculum wird das Modell der polaren Anforderungen in den verschiedenen Lebensphasen (Erikson, 1973/ 1988) bereits aus –> Biografiearbeit in der Langzeitpflege bekannt sein oder dort aufgenommen und erweitert.
Anhang
Entwicklung
- Die Fallsituation wurde von Lena Holder im Studiengang "Pflege - Schwerpunkt Lehre" an der Universität Bremen entwickelt.
- Die Lernsituation selbst wurde im Projektteam im Rahmen des "Nationalen Mustercurriculum Kommunikative Kompetenz in der Pflege" (NaKomm) ausgearbeitet.
Literatur
- Baacke, D. (2003): Die 13–18-Jährigen. Weinheim: Beltz.
- Brämswig, J.; Dübbers, A. (2009): Störungen der Pubertätsentwicklung. In: Deutsches Ärzteblatt, 106 (17), 295-304.
- Caflisch, M. (2013): Wenn chronisch kranke Jugendliche erwachsen werden. In: Pädiatrie 2 (13), 4-10.
- Fegert, J. M.; Streeck-Fischer, A.; Freyberger H. J. (2009): Adoleszenzpsychiatrie – Psychiatrie und Psychotherapie der Adoleszenz und des jungen Erwachsenenalters. Stuttgart: Schattauer.
- Fend, H. (2005): Entwicklungspsychologie des Jugendalters. Wiesbaden: VS.
- Flammer, A. (2009): Entwicklungsaufgaben der Adoleszenz. In: Fegert et al.: Adoleszenzpsychiatrie, a. a. O., 92 – 104.
- Flammer, A.; Alsaker, F. D. (2001): Entwicklungspsychologie der Adoleszenz. Bern: Huber.
- Franck, E.-M. (2017): Der sich und andere entwickelnde Mensch. Kinder- und Jugendpsychiatrie. In: Dörner, K. u. a.: Irren ist menschlich. Lehrbuch für Psychiatrie und Psychotherapie. Köln: Psychiatrie Verlag, 135-202, insbes. 153-158/166f/187-192/195-197.
- Grob A.; Jaschinski, U. (2003): Erwachsen werden. Entwicklungspsychologie des Jugendalters. Weinheim: Beltz PVU.
- Lange, K.; Neu, A.; Holl, R.; Hürter, P.; Saßmann, H.; Biester, S.; Lösch-Binder, M.; Schütz, W. v.; Danne, T. (2017): Diabetes bei Jugendlichen. Ein Behandlungs- und Schulungsprogramm. Heft 1: Diabetes Basics; Heft 2: Insulintherapie für Profis; Heft 3: Diabetes Specials. Mainz: Kircheim.
- Leweke, F.; Kurth, R.; Milch, W.; Brosig, B. (2004): Zur integrativen Behandlung des instabilen Diabetes mellitus im Jugendalter. Schulung oder Psychotherapie? In: Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie, 53 (5), 347-358.
- Netzwerk Patienten- und Familienedukation in der Pflege e. V. (2008): Konzept zur Erstellung von Mikroschulungen am Beispiel der subkutanen Injektion. Universität Witten/ Herdecke. Online: http://patientenedukation.de/sites/default/files/downloads/Mikroschulung_allgemein_scInjektion_%202008.pdf (05.05-2018).
- Oerter R.; Montada, L. (2008): Entwicklungspsychologie. Elektronische Fassung. Weinheim: Beltz.
- Pinquart, M. (Hrsg.) (2013): Wenn Kinder und Jugendliche körperlich chronisch krank sind. Psychische und soziale Entwicklung, Prävention, Intervention. Berlin: Springer.
- Salewski, C. (2004): Chronisch kranke Jugendliche. Belastung, Bewältigung und psychosoziale Hilfen. München: Reinhardt.
- Seiffge-Krenke, I. (2001): Diabetic Adolescents and Their Families. Stress, Cobing, and Adaption. Cambridge University Press. eBook.
- Seiffge-Krenke, I. (1996): Chronisch kranke Jugendliche und ihre Familien. Belastung, Bewältigung und psychosoziale Folgen. Stuttgart: Kohlhammer.
- Stachow, R.; Kiera, S.; Tiedjen, U.; Petermann, F. (2009): Chronisch kranke Jugendliche. Compliance und psychische Symptome. Monatsschrift Kinderheilkunde, 157, 1141–1146.
- Streeck-Fischer, A. (2004): Adoleszenz – Bindung – Destruktivität. Stuttgart: Klett-Cotta.
- Tolsdorf, M. (2010): Mikroschulungen. Patientenwissen „to go“. CNE.fortbildung (02) 10-12; Thiemes Pflege.