Ich verstehe meinen Mann nicht mehr

Instabile Situation eines nach Hirninfarkt halbseitig gelähmten und von Aphasie betroffenen Mannes und der durch die Erkrankung mitbetroffenen Systeme (Familie, Familienbetrieb, soziales Netz)

Gliederung

Der Fall

Herr Sauer – oder: Ich verstehe meine Mann nicht mehr

Vorgeschichte

Der 52-jährige Rainer Sauer lebt in T., einer kleinen Stadt in Oberbayern. Dort ist er seit 23 Jahren Geschäftsführer und Besitzer eines Autohauses, das er nach seinem Studium der Betriebswirtschaft übernommen hatte. Seine Frau Martina, die er während des Studiums kennengelernt hat, ist Lehrerin, hat aber nach ihrem Referendariat nicht mehr gearbeitet, da sie sich um ihre Töchter Sandra und Meike gekümmert hat. Sandra ist jetzt 21 Jahre alt und hat vor einigen Monaten eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin in der nahe gelegenen Großstadt begonnen. Meike ist 15 Jahre alt und geht noch zur Schule. Herr Sauer beschäftigt in seinem Autohaus neun Mitarbeiter. Seit sein langjähriger Werkmeister Paul in Rente gegangen ist, hat er dort keinen richtigen Vertreter mehr und muss sehr viel arbeiten. Allerdings versucht er, sich neben der Arbeit noch viel zu beschäftigen. „Ich brauch‘ auch Ablenkung, das Leben kann ja nicht nur aus Arbeit bestehen“, sagt er immer.
Die Wochenenden hält er sich für seine Familie frei, „gemeinsame Unternehmungen“ sind ihm sehr wichtig. „Aber seit Sandra in der Ausbildung ist, ist das auch weniger geworden“, berichtet seine Frau. Herr Sauer ist Vorsitzender des örtlichen Tennisvereins, den er vor 15 Jahren selbst mit aufgebaut hat. Einmal in der Woche spielt er selbst noch Tennis, alle zwei Wochen geht er mit seinen Freunden kegeln. Zweimal im Monat geht Herr Sauer zur Sitzung des Kirchenvorstandes der katholischen Kirche am Ort, dem er seit einigen Jahren angehört.

Dann, „aus heiterem Himmel“ wurde alles anders. Herrn Sauer war wie jeden Morgen um sechs Uhr aufgestanden. Beim Duschen fühlte er sich auf einmal so „komisch“ und noch während er das zu seiner Frau sagte, stürzte er und verlor das Bewusstsein. Der alarmierte Notarzt brachte ihn in die Universitätsklinik der nahe gelegenen Großstadt, wo er zunächst auf der Stroke Unit aufgenommen und am darauffolgenden Tag auf die neurologische Frührehabilitation verlegt wurde.

Situation 1 – Neurologische Früh-Reha

Die Gesundheits- und Krankenpflegeschülerin Nicole ist im 3. Ausbildungsjahr und seit einer Woche auf der Station. Sie wird zu Herrn Sauer geschickt, um ihm das Abendessen zu richten und ihn bei der Nahrungsaufnahme zu unterstützen.
Als Nicole ins Zimmer des Patienten kommt, sitzt dieser im Bett und weint. Die Ehefrau des Patienten steht am Fenster und blickt hilflos auf ihren Mann. „Ich weiß einfach nicht was er will! Ich hab ihm gesagt, er soll warten bis die Schwester kommt, aber er kann ja nicht hören. Jetzt hat er auch noch den Becher ins Bett geworfen und dann so weinerlich, das kenne ich gar nicht von ihm, ich verstehe ihn einfach nicht mehr …!“
Im Bett von Herrn Sauer liegt ein leerer Trinkbecher, die Bettdecke hat einen riesigen Kaffeefleck. Herr Sauer versucht, etwas zu sagen, aus seinem Mund kommen aber nur die Worte „fein, fein“. Natalie stellt das Essenstablett auf den Tisch und versucht, Herrn Sauer und seine Frau zu beruhigen. „Sie müssen Geduld haben. Ich mach jetzt erst mal das Bett frisch und dann gibt’s Abendessen.“
Frau Sauer schaut skeptisch: „Das klappt doch sowieso nicht mit dem Essen, das Trinken läuft ihm wieder aus dem Mund und er verschluckt sich ständig. Das ist ja völlig peinlich. Dann lässt er das meiste sowieso liegen. Ich weiß überhaupt nicht, wie das weitergehen soll!“

„Ach, das wird schon wieder. Bleiben Sie ganz ruhig, Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut“ lächelt Nicole Frau Sauer schief an und beginnt das Bett zu beziehen. Anschließend stellt sie das Tablett mit dem Abendessen vor Herrn Sauer auf die Ablage und versucht, mit ihm gemeinsam die Brote zu schmieren. Herr Sauer schüttelt aber bei jedem Vorschlag, welchen Belag er auf seinem Brot haben möchte, den Kopf und sagt „fein, fein“. Er scheint sehr aufgeregt und ungeduldig. Plötzlich schießt seine linke Hand vor, wohl um nach dem Teebecher zu greifen, dabei fällt dieser um und der Tee landet auf dem Tablett und tropft über den Rand auf das frisch bezogene Bett. Herr Sauer blickt Natalie mit großen Augen an und gibt einige Laute von sich, die Natalie aber nicht versteht. Frau Sauer schimpft wütend: „Kannst du nicht warten. Jetzt hat die Schwester noch mehr Arbeit wegen dir!“
Herr Sauer macht eine resignierte Handbewegung. „Das ist doch nicht so schlimm“, versucht Natalie zu beschwichtigen, „ ich hole schnell einen Lappen.“ Sie verlässt eilig das Zimmer und geht erst mal ins Dienstzimmer.

Situation 2 – Reha-Klinik

Vor zwei Tagen ist Herr Sauer in eine Rehabilitationsklinik nach Bad A. gekommen, wo Pfleger Kai als Bezugspflegekraft im Sinne Primärer Pflege für ihn zuständig ist und zunächst die aktuelle Befundung durchführt:
Herrn Sauers rechte Seite ist in der Beweglichkeit stark eingeschränkt. Er kann zwar inzwischen fast ohne Unterstützung auf der Bettkante sitzen, aber Bein und Arm der rechten Körperhälfte nur etwas bewegen. Dinge, die rechts von ihm stehen oder liegen, kann er nicht sehen, ohne dass er den Kopf dreht. Außerdem hat Herr Sauer immer noch große Probleme mit dem Sprechen, oft kommt nicht das heraus, was er sagen möchte. Er spricht sehr langsam und „verwaschen“ und die Sätze klingen schief und bleiben oft unvollständig. Auch scheint er sein Gegenüber häufiger nicht zu verstehen, vor allem, wenn mehrere Leute zu Besuch sind und alle durcheinander reden. Gerne hat er früher die Zeitschrift „Der Spiegel“ gelesen, jetzt legt er das Heft schon nach kurzer Zeit wieder zurück und murmelt Unverständliches.
Bei der Körperpflege benötigt er immer Unterstützung, aber die Pflegenden lassen ihn schon viel alleine machen. Er kann seine rechte Körperhälfte unter Anleitung selbst waschen, auch kann er beim Anziehen seiner Kleidung mithelfen. Durch die Ergotherapeuten hat er gelernt, das Frühstück mit Hilfe eines Einhandbretts selbst vorzubereiten. All das fällt ihm allerdings sehr schwer, da er Rechtshänder und mit der linken Hand eher ungeübt ist. Mit Hilfe der Physiotherapeuten oder der Pflegenden kann Herr Sauer auch schon einige Schritte laufen, ist aber noch nicht in der Lage, ohne Unterstützung von einem Stuhl aufzustehen und sich selbst umzusetzen.

In dem von Kai als sehr schwierig empfundenen Gespräch, das er mit Herrn Sauer und seiner Ehefrau führt, wird deutlich, dass sich beide Eheleute große Sorgen um den Betrieb machen, wobei der Pfleger vermutet, dass sie bis jetzt nicht richtig darüber sprechen konnten. Herr Sauer sitzt zusammengesunken in einem Rollstuhl, während seine Frau zu Kai gewandt sagt, dass sie nicht weiß, wie es ohne seine Hilfe weitergehen soll. „Wir wissen ja, dass wir sehr viel Geduld aufbringen müssen, bis Rainer wieder selbstständig ist, aber dafür haben wir eigentlich keine Zeit, grade bei der Situation der Firma im Moment. Und ich kann auch nicht weiter unentwegt in die Klinik kommen“, sprudelt es aus Frau Sauer heraus, wobei sie weder Kai noch ihren Mann anschaut. „Zu Hause muss es ja auch irgendwie weiter laufen. Und Sandra interessiert sich zwar sehr für alles, was mit der Krankheit zusammen hängt, aber so oft wie in München wird sie nicht mehr kommen können, und für Meike ist das ohnehin alles zu viel, die muss sehen, dass sie in der Schule mithält und zumindest den Realschulabschluss schafft…  – Du musst einfach zusehen, dass du alles mitmachst, damit du möglichst bald wieder fit bist“ sagt sie dann heftig und dreht sich zu ihrem Mann um. Der schaut erschrocken hoch, während sich seine Augen mit Tränen füllen.

Situations-merkmale

Zielgruppe

  • Menschen im Erwerbsalter (30 – 69 Jahre)
  • Partnerschaft, soziale Bezugspersonen, Familien

Setting

  • Akutklinik
  • Rehaklinik

Pflegeanlass

  • Unselbstständigkeit in der Selbstversorgung
  • Einschränkung in der Kommunikation
  • Einschränkungen in der Mobilität
  • Herausfordernde Verhaltensweisen, psychische/soziale Problemlagen
  • Unterstützungsbedarf in der Lebensgestaltung / sozialen Teilhabe
  • Kommunikations- / Informations-/ Beratungsbedarf
  • neurologische Erkrankungen

Lernsequenzen

Sequenz 1 - Die Situation der Familie Sauer verstehen und die Probleme im Fall ermitteln - Vorwissen aktivieren

4 Std. (davon Kommunikation: 2 Std.)

didaktisch inhaltliche Zuordnung

Die Lernenden...

  • erstellen eine strukturierte grafische Darstellung der sozialen und generativen Beziehungsstrukturen im Umfeld von Herrn Sauer,
  • wenden das ICF-Konzept auf die Situation von Herrn Sauer an,
  • erläutern die Situation von Herrn Sauer und seinem persönlichen Umfeld in einem pflegediagnostischen Begriffssystem,
  • machen sich ihre emotionalen und normativen Reaktionen gegenüber den in der Fallsituation geschilderten Personen bewusst,
  • nehmen unterschiedliche Rollen im System der Familie Sauer ein und deuten die familiäre Interaktion mehrperspektivisch,
  • deuten und erklären die Situation des zu pflegenden Menschen und seine Verhaltensweisen durch Perspektivenwechsel und unter Hinzuziehung der vorhandenen Fachkenntnisse,
  • verstehen die individuelle, gesundheitliche, private, familiäre und wirtschaftliche Situation des Patienten und seiner Familie.

didaktisch methodischer Verlauf

Die Lernenden... Methodik
1 lesen die gesamte Fallsituation und sammeln ihre ersten persönlichen Eindrücke Brainstorming/ freie Assoziation im Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch
2 entwickeln ein Genogramm der Familie Sauer und ergänzen die Beziehungsstruktur im sozialen Netzwerk Partner*innenarbeit -> Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch - eine entwickelte und konsensualisierte Grafik sollte so festgehalten werden, dass sie als Einstieg für Sequenz 7 genutzt werden kann
3 benennen auf dieser Grundlage unterschiedliche Akteure in den Situationen und mögliche weitere im umgebenden Umfeld und wählen eine Perspektive mgl. Akteure für die Perspektive der Betroffenen: Rainer Sauer, Martina Sauer, Sandra Sauer, Meike Sauer sowie im Umfeld der Kernfamilie z. B. Eltern, Geschwister, Werkmeister Paul und andere Mitarbeiter*innen im Betrieb, Mitglieder im Tennisclub, Pfarrer, .../ mgl. Akteure für die Perspektive der Professionellen: Pflegeschülerin Nicole auf der Früh-Reha, Bezugspfleger Kai in der Reha-Klinik sowie im Umfeld z. B. Praxisanleitung, Pflegedienstleitung, Mediziner*innen ... - Rollen, insbesondere für die zentralen Personen, können mehrfach besetzt sein, um unterschiedliche, mögliche Sichtweisen aufzuzeigen
4 überlegen sich Eckdaten zur Biografie der von ihnen gewählten Person, lesen die Fallschilderung erneut "durch die Brille dieser Person" und schreiben dann einen persönlichen Text, z. B. Tagebucheintrag, Brief, Mail an eine befreundete Person, innerer Monolog, ... Einzelarbeit
5 wählen, ggf. in Gruppen ähnlicher Akteure, Texte aus, die letztlich im Plenum vorgetragen werden sollen dieser Zwischenschritt wird erforderlich, wenn die Lerngruppe zu groß ist, damit Schritt 6 nicht überfordernd wirkt und der Spannungsbogen gehalten werden kann
6 gehen durch den Raum, versuchen zu der von ihnen "erschaffenen" Person eine äußere Haltung zu finden (Wie geht sie, wie steht sie, wie begrüßt sie andere, ...?) und frieren eine typische Position ein (Wie stehst oder sitzt du momentan als Martin Sauer? Wie stehst oder sitzt du als ...., wenn du an Martin Sauer denkst?) wenn Schritt 5 durchgeführt wurde, sollten hier zunächst wieder alle teilnehmen und anschließend nur die im Standbild verbleibend, die einen Text vorlesen, die anderen treten an den Rand des Raumes in eine Beobachterposition
7 lesen/ tragen ihren Text in der eingenommenen Haltung vor Reihenfolge von außen nach innen im System - beginnend bei entfernten Bekannten, über Mitarbeiter*innen in den Kliniken und endend bei der Familie Sauer -> ggf. kann die Lehrperson die Einfühlung unterstützen und die Aufmerk-samkeit lenken, indem sie/ er zu den jeweils vortragenden Personen geht und sie in ihrer Rolle anspricht und als aktiv Zuhörende*r Haltungen unterstützt oder auch nachfragt
8 sammeln anschließend, inwiefern sich ihre Sicht auf den Fall durch diese "Empathieübung" verändert hat Kreisgespräch - Blitzlicht -> die Ergebnisse der Schritte 1 bis 7 sollten so dokumentiert werden, dass sie für die Sequenz 5 und 7 (jeweils Schritt 1) zur Verfügung stehen
9 wechseln bewusst in eine analytische "Außensicht" und verdeutlichen sich die Situation fallanalytisch in einem ihnen vertrauten Verfahren Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch bzw. Kleingruppenarbeit - Fallanalyse z. B. orientiert an den Schritten 1-5 im 7-Sprung des Problemorientierten Lernen (POL)
10 identifizieren die Probleme im Fall, stützen sich bei der Problemordnung auf das Modell der ICF und auf ein ihnen vertrautes, pflegediagnostisches Klassifikationssystem, wählen die Probleme aus, die ihnen besonders vordergründig für das Fallverstehen sind, aktivieren durch Hypothesenbildung und Hypothesenerläuterung jeweils ihr Vorwissen zum Problemverständnis und formulieren möglichst konkrete, fallbezogene Lernfragen Kleingruppenarbeit --> z. B. Realisierung der Schritte 2-5 im POL Verfahren
11 stellen ihre Lernfragen vor und ordnen sie den Lernsequenzen zu Lehrer*in stellt den geplanten Verlauf der Lernsituation vor und moderiert die Integration der Lernfragen

Sequenz 2a - Symptome des Hirninfarkts beschreiben, verstehen und einordnen

8 Std. (davon Kommunikation: 2 Std.)

didaktisch inhaltliche Zuordnung

Die Lernenden...

  • beschreiben die Epidemiologie und gesellschaftliche Bedeutung der Erkrankung Hirninfarkt,
  • integrieren ihr Wissen zur Neuroanatomie und Neurophysiologie und erläutern das Krankheitsbild Hirninfarkt fallbezogen - Pathophysiologie, Ursachen, Risikofaktoren, Symptome (auch erhöhter Hirndruck), neuropsychologische Störungen, Frühsymptome und Warnzeichen, Komplikationen, Diagnostik und Therapie,
  • nennen Methoden und Instrumente zur Einschätzung des Wachheitsgrades, des Bewegungs- und Kommunikationsvermögens bzw. der Alltagskompetenz und wenden sie an,
  • nennen die pflegerischen Aufgaben zur Beobachtung und Einschätzung möglicher Komplikationen im Therapie- bzw. Rehabilitationsverlauf nach einem Hirninfarkt,
  • leiten in der Akutsituation die erforderlichen Sofortmaßnahmen ein,
  • entwickeln ein Vorstellungsbild von der möglichen Körper- und Selbstwahrnehmung und vom Erleben der verschiedenen neuropsychologischen Einschränkungen nach einem Hirninfarkt,
  • entwickeln eine Vorstellung von den Veränderungen der sozialen Kontakte nach einem Hirninfarkt, z. B. auch durch Veränderungen von Emotionen und Affekten.

didaktisch methodischer Verlauf

Die Lernenden... Methodik
1 aktivieren ihr Vorwissen zu Neuroanatomie und Neurophysiologie, zu Durchblutungsstörungen und zum Infarktgeschehen, machen sich Wissenslücken bewusst und strukturieren/ präzisieren vor diesem Hintergrund die der Lernsequenz zugeordneten Lernfragen aus Sequenz 1, Schritt 11 Wissenstest, Quiz, ABC-Methode und/ oder Strukturlegeverfahren
2 recherchieren - ihre Kenntnisse festigend, vertiefend und erweiternd - Wissen zu den Hintergründen der im Fall beschriebenen neurophysiologischen und neuropsychologischen Problemstellungen und den kommunikativen und psychischen Einschränkungen arbeitsteilige Gruppenarbeiten
3 stellen sich ihre Erarbeitungen wechselseitig vor Vorträge der Gruppenarbeiten oder z. B. Zahnradmethode zur Wissensübermittlung
4 verständigen sich, inwieweit die formulierten Lernfragen geklärt wurden, identifizieren Leerstellen und erweitern / präzisieren ihre Fallanalyse aus Sequenz 1 Lehrer*in bestätigt die erarbeiteten Wissenszusammenhänge bzw. macht auf noch bestehende Leerstellen und Fehler aufmerksam -> ggf. durch Initiierung einer zweiten Recherchephase, die teilweise evtl. auch in die Sequenz 3, Schritt 3, hineinreichen kann
5 systematisieren das erworbene Wissen zum Hirninfarkt entlang einer vorgegebenen Struktur (und erweitern es dabei ggf. um im Fall nicht gegebene Symtomatiken und Problemstellungen) Lehrer*in gibt eine fachliche Struktur vor und steuert die Ergebnissicherung im Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch

Sequenz 2b - Symptome einer Aphasie beschreiben, verstehen und einordnen

2 (in Sequenz 2 enthaltene) Std. (davon Kommunikation: 2 in Sequenz 2 enthaltene Std.)

didaktisch inhaltliche Zuordnung

Die Lernenden...

  • erklären Aphasie in ihren Ursachen, Symptomen und Ausprägungsgraden sowie die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Kommunikation,
  • entwickeln ein Vorstellungsbild von den sprachlich-kommunikativen Einschränkungen durch eine Aphasie und den Auswirkungen auf das soziale Erleben (Einschränkung der Kommunikationsfähigkeit – bei Erhalt der Denkfähigkeit)

didaktisch methodischer Verlauf

Die Lernenden... Methodik
1 sehen, hören, lesen Textbeispiele von Menschen mit Aphasie, beschreiben ihre Beobachtungen zunächst ungeordnet und sammeln ihre Beobachtungsergebnisse Einzel-, Partner*innen- oder Kleingruppenarbeit
2 lernen Erklärungsmodelle für die Entstehung von Sprache im Gehirn sowie Beschreibungs- und Beobachtungskriterien bei Sprachstörungen kennen und wenden diese gezielt auf die bearbeiteten Textbeispiele an Lehrer*invortrag mit Erarbeitung im Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch
3 ordnen die erarbeiteten Textbeispiele und definieren dabei zentrale Merkmale/ Symptome der verschiedenen Aphasie-formen - identifizieren auf der Grundlage der gegebenen Informationen die mögliche Aphasiediagnose bei Herrn Sauer Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräche
4 erarbeiten sich die grundlegenden Wissenszusammenhänge zur Aphasie im Überblick (Ursachen und Epidemiologie, Symptome, verschiedene Einteilungen von Aphasiesyndro-men, Erklärungsansätze für aphasische Fehler, Abgrenzung zu anderen kommunikativen Beeinträchtigungen, Ansätze der Anamnese und Diagnostik, Prognosen zu klinischem Verlauf und Rückbildung) Lehrer*invortrag oder Text-/ Videoarbeit

Sequenz 3 - Sich in den Versorgungssystemen und im Ablauf der Rehabilitation nach einem Hirninfarkt orientieren

6 Std. (davon Kommunikation: - Std.)

didaktisch inhaltliche Zuordnung

Die Lernenden...

  • erläutern Formen und Verlauf der Rehabilitation am Beispiel von Patient*innen mit Hirninfarkt (Stroke Unit, Früh-Reha, Anschlussheilbehandlung / Reha-Klinik, ambulante Rehabilitation …) aus gesundheitswissenschaftlicher Sicht,
  • nutzen Recherchestrategien, um fallbezogen Informationsbedarfe von zu pflegenden Menschen und ihren Bezugspersonen bezüglich der Struktur, Finanzierung und Organisation der rehabilitativen Versorgung zu klären,
  • erklären rechtliche Grundlagen der verschiedenen Versorgungsformen im Gesundheitssystem, Kosten und Leistungsträger sowie Finanzierungsmodelle und Wettbewerbssituation für die neurologische Rehabilitation,
  • identifizieren die Optionen, die sich für zu pflegende Menschen und ihre Bezugspersonen in den unterschiedlichen Versorgungssystemen ergeben,
  • informieren zu pflegende Menschen und ihre Bezugspersonen zu den Organisationsstrukturen, Abläufen und Finanzierungsmöglichkeiten von rehabilitativen Angeboten und Unterstützungsleistungen,
  • verstehen die Bedürfnisse und Bedarfe, die zu pflegende Menschen und ihre Bezugspersonen nach einem Hirninfarkt gegenüber dem Gesundheitssystem und den verschiedenen Versorgungsformen haben,
  • verstehen die Interessen der Gesellschaft, des Gesundheitssystems und der Vertreter*innen der verschiedenen Versorgungssysteme bezogen auf mögliche Angebote der Rehabilitation,
  • reflektieren institutionelle und gesellschaftliche Rahmenbedingungen für ein Leben in bedingter Gesundheit und nehmen zu sozialrechtlichen Normen im Hinblick auf ethische und wirtschaftliche Maßstäbe Stellung (wird in Sequenz 7 aufgenommen).

didaktisch methodischer Verlauf

Die Lernenden... Methodik
1 aktivieren ihr Vorwissen zum Versorgungssystem der Rehabilitation und tragen persönliche Erfahrungen mit Rehabilitation und rehabilitativer Pflege aus Praxiseinsätzen bzw. dem eigenen Erleben im privaten Umfeld zusammen Wissensquiz o. ä. - Brainstorming bzw. freie Assoziationen im Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch - problematische Erfahrungen bzw. kritische Überlegungen, die in diesem oder einem der folgenden Schritte geäußert werden und sich auf Systemstrukturen beziehen, aber nicht unmittelbar bearbeitet werden können, sollten in einem "Konfliktspeicher" für Sequenz 7 gesammelt werden
2 beziehen die bereits vorhandenen (Er-)Kenntnisse auf typische Phasen der neurologischen Rehabilitation sowie entsprechende Momente im bisherigen und zukünftigen Versorgungsverlauf von Herrn Sauer, klären jeweils institutionelle Zuständigkeiten, Finanzierungsmöglichkeiten und -grenzen sowie Zeitrahmen und Abläufe in den jeweiligen Einrichtungen, präzisieren damit die dieser Sequenz zugeordneten Lernfragen aus Sequenz 1, Schritt 11, und bringen diese in eine sinnvolle Ordnungsstruktur Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch - Entwicklung eines Informationsrasters zur Sicherung von Ergebnissen, z. B. als Wandzeitung oder in einer EDV-basierten Form
3 recherchieren arbeitsteilig zu den Lernfragen und bringen gewonnene Ergebnisse in das gemeinsame Informationsraster ein arbeitsteilige Kleingruppenarbeit
4 sichten gemeinsam die gewonnenen Erkenntnisse und erfahren Rückmeldung zur durchgeführten Recherche und deren Dokumentation Klassengespräch - Lehrer*in gibt Rückmeldung zur Wissensqualität und macht auf Defizite und Leerstellen aufmerksam, hält sich mit eigenen Lösungen möglichst lange zurück
5 betrachten die gewonnenen Erkenntnisse zu den Versorgungsstrukturen dahingehend, inwiefern sie zu einer Problemlösung für Herrn Sauer und seinen Bezugspersonen beitragen können bzw. inwiefern sie für Problemlösungen unzureichend oder auch hinderlich sind Erarbeitung einer vorläufigen Gegenüberstellung in Kleingruppen-/ Partner*innenarbeit bzw. im Lehrer*in-Schüler*innengespräch (in Vorbereitung für Sequenz 5 bzw. 7 - hierfür Konfliktspeicher nutzen)

Sequenz 4a - Rehabilitative Pflegeangebote nach einem Hirninfarkt am Beispiel von Herrn Sauer

16 Std. (davon Kommunikation: 4 Std.)

didaktisch inhaltliche Zuordnung

Die Lernenden...

  • wenden ihre Kenntnisse von Assessmentinstrumenten zur Ermittlung des Unterstützungsbedarfs und der Ressourcen / Selbsthilfestrategien an und erweitern sie um spezifische Instrumente aus dem Bereich der Rehabilitation nach Hirninfarkt,
  • wenden ihre Kenntnisse zur Wahrnehmungsförderung bei Menschen mit neurologisch bedingten Einschränkungen an, erweitern und vertiefen sie fallbezogen und integrieren sie gezielt in die pflegerische Interaktion,
  • setzen bereits bekannte pflegerische Interventionen zur Förderung der Bewegungsfähigkeit ein - z. B. Transfer, Um-/ Neupositionierung - und erweitern sie im Austausch mit der Berufsgruppe der Physiotherapeut*innen, um koordinierte Bewegungsabläufe entsprechend den individuellen Fähigkeiten nach einem Hirninfarkt zu fördern,
  • fördern und üben gezielt alltagspraktische Fähigkeiten (Körperpflege, Ankleiden, Nahrungszubereitung, ...) und erweitern ihre Kompetenzen im Austausch mit der Berufsgruppe Ergotherapie,
  • erweitern ihre Kenntnisse einer gezielten Unterstützung bei der Nahrungsaufnahme für Menschen mit Dysphagie im Austausch mit den Kolleg*innen der Logopädie,
  • erklären Grundzüge des jeweiligen Begründungsrahmens von ausgewählten Therapiekonzepten zur Förderung und Rehabilitation von Menschen nach Hirninfarkt (z. B. Forced-Use-Therapy, Bobath-Konzept, Teilhabe-orientierte Rehabilitation, Voijta-Therapie, ...),
  • vollziehen Wahrnehmung und Erleben unterschiedlicher körperlicher Einschränkungen nach einem Hirninfarkt durch gezielte Simulation nach und verständigen sich über mögliche Konsequenzen im individuellen Erleben.

didaktisch methodischer Verlauf

Die Lernenden... Methodik
1 vergegenwärtigen sich die in Sequenz 1, Schritt 10, identifizierten Gesundheitsprobleme von Herrn Sauer in den beiden dargestellten Phasen der Rehabilitation, präzisieren evtl. die dort vorgenommenen Problembeschreibungen, wählen gezielt ein Problem bzw. ein Problemfeld aus den Bereichen Partizipation, Aktivitäten oder Körperfunktionen aus, das sie im weiteren Verlauf dieser Sequenz vertieft bearbeiten wollen und bestimmen jeweils die therapeutische Berufsgruppe, die sie hierzu gezielt ansprechen wollen Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch zur Strukturierung der sich anschließenden Erarbeitungsphase und zur Bildung der Kleingruppen - ggf. Organisation des Kontakts zu Expert*innen der therapeutischen Berufsgruppen, die für definierte Zeiträume zur Verfügung stehen
2 verdeutlichen sich das gewählte Problemfeld, indem sie es durch entsprechende Körperübungen/ Simulationen/ video- bzw. ton-, transkriptbasierte Beobachtungen o. ä. nachvollziehen und die in Sequenz 2 erarbeiteten pathophysiologischen/ neuropsychologischen Erklärungsansätze heranziehen Schritt 2 bis 6: Selbsterarbeitung in Kleingruppen - unterstützt durch lenkende Arbeitsaufträge und Materialien sowie - sofern möglich - durch entsprechende Expert*innen aus den jeweiligen therapeutischen Berufsgruppen
3 recherchieren geeignete Assessmentverfahren, die für eine genauere Bestimmung des Problems bei Herrn Sauer herangezogen werden können bzw. lernen vorgegebene Verfahren kennen und setzen sie um
4 recherchieren und erarbeiten sich ein oder auch mehrere Therapieangebote, durch die sie Herrn Sauer im bearbeiteten Problemfeld unterstützen können, bestimmen konkrete Zielsetzungen, erproben genaue Abläufe und überlegen, inwiefern diese sich in ein rehabilitatives Pflegeangebot im jeweiligen Versorgungssetting integrieren lassen
5 ermitteln, wie ein entsprechendes pflegerisches Therapieangebot sinnvoll evaluiert werden könnte
6 entwickeln ein geeignetes Anleitungs-, Informations- bzw. Schulungsangebot, mit dessen Hilfe sie Sandra Sauer erläutern, wie sie ihren Vater im jeweiligen Problembereich unterstützen kann
7 nehmen in der Begegnung mit anderen "Therapieteams" die Position von Sandra Sauer ein und informieren sich wechselseitig über ihre Erarbeitungen mehrere Begegnungen mit jeweils anderen Kleingruppen oder jeweils Demonstration im Plenum - möglichst mit Korrektur durch die entsprechenden Therapieexperten
8 informieren sich zu zwei oder mehreren unterschiedlichen Therapiekonzepten der neurologischen Rehabilitation, ordnen die erarbeiteten pflegetherapeutischen Angebote diesen Konzepten zu und diskutieren die dahinterstehenden Überlegungen mit Bezug zur jeweiligen Situation von Herrn Sauer und seinen Bezugspersonen Textarbeit oder Lehrer*invortrag - kontrastive Diskussion

Sequenz 4b - Rehabilitative Pflegeangebote für Menschen mit Aphasie

4 (in Sequenz 4 enthaltene) Std. (davon Kommunikation: 4 in Sequenz 4 enthaltene Std.)

didaktisch inhaltliche Zuordnung

Die Lernenden...

  • erklären Formen der Aphasietherapie, leiten im Austausch mit Vertreter*innen der Logopädie die für Pflegende und Angehörige durchführbaren Interventionsstrategien für die Kommunikation und Interaktionsgestaltung und ein gezieltes Sprach- und Sprechtraining ab,
  • verstehen das Erleben von Menschen mit Aphasie und die damit verbundenen Herausforderungen, die die Einschränkungen für sie selbst und ihre Bezugspersonen bedeuten.

didaktisch methodischer Verlauf

Die Lernenden... Methodik
1 lesen (hören/ sehen) Berichte von Menschen, die als Betroffene oder Bezugspersonen Erfahrungen mit einer Aphasie gemacht haben und leiten daraus und aus den in Sequenz 2a bzw. 2b gewonnenen Erkenntnissen erste Hin-weise für eine (pflegerische/ therapeutische) Begleitung ab Einzel-/ Partner*innen-/ Kleingruppenarbeit -> Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch
2 informieren sich ergänzend, möglichst aus unterschiedlichen Quellen, zu Empfehlungen, die in der einschlägigen Fachliteratur zum Umgang mit Menschen mit Aphasie gegeben werden, und gleichen diese untereinander ab Textarbeit (arbeitsteilig) - Zusammenfassung im Plenum
3 lernen logopädische Assessment-/ Diagnostikverfahren und Therapieansätze kennen und diskutieren Ansätze, die für Herrn Sauer in den verschiedenen Phasen des Rehabilitationsverlaufs sinnvoll sein können Lehrer*invortrag bzw. Vortrag von Expertin/ Experten -> Diskussion
4 leiten aus der vorangegangenen Arbeit her, welche Aufgaben sie als Pflegende jeweils übernehmen können, um die Rehabilitation der aphasischen Einschränkungen begleitend zu unterstützen Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch
5 übertragen die gewonnenen Erkenntnisse auf die Perspektive der Angehörigen und formulieren Hinweise, die sie z. B. den Töchtern von Herrn Sauer zum Umgang und zur Kommunikation mit ihm geben können Kleingruppenarbeit - Demonstration der Ergebnisse in einem Rollenspiel im Plenum

Sequenz 5 - Zwischen Case-Management, Bezugspflege und Reha-Gesamtplan - Pflegeprozesssteuerung der Fallsituation gestalten

5 Std. (davon Kommunikation: - Std.)

didaktisch inhaltliche Zuordnung

Die Lernenden...

  • formulieren Grundsätze der rehabilitativen Pflege und der Pflegeprozesssteuerung im Bereich der Rehabilitation,
  • erläutern die Ansprüche, die an einen Reha-Gesamtplan gestellt werden,
  • erläutern das Konzept Case-Management in seinen Grundzügen und beschreiben die Aufgaben und Erwartungen, die mit dieser Berufsrolle verknüpft sind,
  • unterscheiden grundsätzlich verschiedene Vorstellungen von Case-Management, z. B. zwischen der Aufgabe der "effektiven und effizienten Koordinierung von Prozessabläufen in einer Organisation" und der (pflegerischen) "Spezialisierung im Umgang mit systemkritischen Fällen" (Klie, zit. nach Monzer, 2018),
  • integrieren ihnen bekannte und situativ geeignete pflegetheoretische Ansätze in die Prozesssteuerung (Krohwinkel, Selbstpflegetheorie nach Orem, familienbezogene Pflege, Verlaufskurvenmodell, ...),
  • überprüfen und erweitern ihre in Sequenz 1 gewonnene Falldeutung unter Hinzuziehung der neu erarbeiteten Fachkenntnisse und ihres damit weiterentwickelten Verständnisses,
  • entwickeln eine auf die individuellen Bedürfnisse von Herrn Sauer zugeschnittene Gesamtplanung, berücksichtigen dabei Spielräume und Begrenzungen für ihn und seine Bezugssysteme,
  • leiten Anforderungen an ein optimales Case-Management zur Unterstützung von Herrn Sauer und seiner Familie ab,
  • reflektieren fallbezogen differenzierte Aspekte einer integrierten Versorgung hinsichtlich der Möglichkeiten und Begrenzungen von anschließender Selbständigkeit und berücksichtigen dabei sowohl krankheitsbedingte Einschränkungen als auch Konflikte im Familiensystem,
  • reflektieren das Spannungsfeld zwischen einer Motivierung zur erforderlichen Therapie und der Anerkennung der Überforderung und Abwehr auf Seiten des zu pflegenden Menschen,
  • reflektieren den Widerspruch zwischen der Anwaltschaft für den zu pflegenden Menschen und der Notwendigkeit einer systemischen Sichtweise, die auch die Interessen der Institution und gesundheitswirtschaftlichen Strukturen berücksichtigt.

didaktisch methodischer Verlauf

Die Lernenden... Methodik
1 tragen ihr im Rahmen der bisherigen Ausbildung erarbeitetes Verständnis von Pflegeprozesssteuerung zusammen und überlegen, ob und inwiefern die bis dahin erarbeiteten Theorieansätze, Modelle und Konzepte geeignet sind, um Menschen wie Herrn Sauer im Verlauf ihres Rehabilitationsprozesses zu unterstützen Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch
2 lernen das Konzept "Case-Management" kennen: Anlässe und Geschichte der Konzeptentwicklung, Kerngedanken, Variation der Modelle in Bezug auf Trägerschaft/ Verortung, Aufgaben und Rolle von Pflege, Aus- bzw. Weiterbildung zur / zum Case-Manager*in Lehrer*inreferat oder Textarbeit (ggf. auch arbeitsteilig mit anschließendem Austausch der Ergebnisse)
3 lernen die grundsätzlichen Anforderungen an einen Reha-Gesamtplan kennen und reflektieren diese aus den verschiedenen Perspektiven - zu pflegende Menschen und ihre Bezugspersonen, Kliniken bzw. Versorgungseinrichtungen und die verschiedenen dort beschäftigten Berufsgruppen, verschiedene Kostenträger im Rehabilitationsverlauf Lehrer*inreferat oder Textarbeit -> Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch
4 entwickeln Vorschläge für einen optimalen Reha-Gesamtplan für Herrn Sauer zu den unterschiedlichen Zeitpunkten im Versorgungsverlauf - z. B. Stroke-Unit, Früh-Reha, Reha-Klinik Kleingruppenarbeit
5 diskutieren ihre unterschiedlichen Entwürfe, ergänzen sich wechselseitig, machen sich unterschiedliche Einschätzungen bewusst, begründen ihren Standpunkt jeweils fachlich und identifizieren mögliche Begrenzungen ihrer Planung Präsentation im Plenum - ggf. Rückmeldung durch Expert*innen - "Konfliktspeicher" nutzen - Dokumentation der Ergebnisse für Sequenz 6, Schritt 8

Sequenz 6 - Interaktion mit Familie Sauer gestalten - Konfliktsituationen konstruktiv begegnen

4 Std. (davon Kommunikation: 4 Std.)

didaktisch inhaltliche Zuordnung

Die Lernenden...

  • berücksichtigen die Problematik der bestehenden Aphasie und die hierzu in Sequenz 2b bzw. Sequenz 4b gewonnenen Erkenntnisse bei der Interaktionsgestaltung,
  • nehmen Konflikte und Spannungen im Familiensystem wahr, deuten die Situation multiperspektivisch und leiten Strategien für die Interaktionsgestaltung ab,
  • entwickeln Möglichkeiten einer angemessenen Interaktion mit dem Patienten und seiner Ehefrau,
  • überdenken ihre Planung der Überleitung aus dem Kontext der Reha-Klinik in die häusliche Versorgung und entwickeln hierzu Ansätze für eine partizipative Gesprächsführung mit dem zu pflegenden Menschen und seinen Bezugspersonen,
  • reflektieren ihre emotionalen Reaktionen gegenüber dem Patienten und seinem Umfeld, insbesondere gegenüber seiner Ehefrau (z. B. Verständnis für die anstrengende, überfordernde Situation der Ehefrau oder Unmut über ihr therapieschädigendes Verhalten),
  • reflektieren das persönliche Spannungsfeld zwischen den Normen der Neutralität bzw. Allparteilichkeit und den Gefühlen wie Ablehnung und Unmut gegenüber einzelnen Personen im Interaktionsgeschehen,
  • reflektieren die Situation und den inneren Zwiespalt von Herrn Sauer (z. B. zwischen dem Wunsch nach Selbständigkeit und Kontrolle über die Lebenssituation, dem Erleben von Abhängigkeit und Hilflosigkeit bzw. dem Bedürfnis, dem Sog der Traurigkeit und Selbstaufgabe nachzugeben),
  • reflektieren die Situation und den inneren Zwiespalt von Frau Sauer (z. B. zwischen der Anforderung der Übernahme von maximaler Verantwortung im aktuellen Familiensystem und dem Wunsch, an alte Muster und Strukturen anzuknüpfen und Hilfe und Unterstützung durch einen „Macher“ zur erfahren).

didaktisch methodischer Verlauf

Die Lernenden... Methodik
1 verdeutlichen sich zum Einstieg in die Erarbeitung anhand der Dokumentation von Sequenz 1 nochmals ihre Wahrnehmungen und Deutungen der Fallsituation und ergänzen die Erkenntnisse, die sie inzwischen gewonnen haben z. B. Schreibgespräch zu einer Dokumentation der Ergebnisse aus Sequenz 1 (Schritt 1-7)
2 identifizieren den jeweiligen Kulminationspunkt, in dem der Konflikt in Situation 1 und Situation 2 eskaliert und entwickeln eine szenische Interaktion bis zu diesem Punkt, an dem die Szene dann eingefroren wird Erarbeitung in 4 oder 6 Kleingruppen - jeweils zwei/ drei Gruppen zu Situation1 und zwei/ drei Gruppen zu Situation 2 <- Arbeitsauftrag zur Szenenentwicklung nach den Prinzipien des Forumtheaters
3 stellen die Situationen zunächst jeweils einmal vor, identifizieren die Gemeinsamkeiten und Unterschiede und wählen für jede Textszene eine szenische Erarbeitung aus, für die mit den Mitteln des Forumtheaters eine Lösung gesucht werden soll Vorstellungen im Plenum
4 sammeln zunächst Handlungsoptionen für Nicole in Situation 1 und probieren diese nacheinander aus - sichern so durch eine Optimierung der Ausgestaltung der pflegerischen Interaktion mit Herrn Sauer die Anwendung der in Sequenz 4a und 4b erarbeiteten Interventionsformen szenische Diskussionen im Plenum - Lehrer*in regt in der Rolle der Spielleitung an, möglichst unterschiedliche Handlungsvariationen auszuprobieren und plausible Lösungsmöglichkeiten in der simulierten Handlung immer präziser zu optimieren - auch strukturelle Veränderungen der Rahmenbedingungen können erprobt werden, nicht lösbare Konfliktmomente und erfahrene Begrenzungen werden im "Konfliktspeicher" dokumentiert
5 verfahren in vergleichbarer Form mit der Situation 2 siehe Schritt 4
6 sammeln zu Situation 2 die Ansprüche und Herausforderungen, denen Kai in seiner Rolle als Bezugspfleger gegenübersteht, und benennen die Spannungsfelder und strukturellen Widersprüche, die die Situation kennzeichnen Schritt 6 und 7: Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch
7 leiten vor diesem Hintergrund und in Anbindung an Sequenz 5 Prinzipien ab, die Kai bei der Vorbereitung von zukünftigen Gesprächen mit Herrn Sauer und seinen Angehörigen zur Entlassungsplanung/ Überleitung aus der Reha-Klinik in die häusliche Versorgung bedenken sollte und formulieren strategische Hinweise für zukünftige Gespräche (Notizen von Kai für das nächste Mal)
8 formulieren auf dieser Grundlage gute Eröffnungsinterventionen für ein Pflegeplanungsgespräch im Sinne des Case-Managements bzw. Reha-Gesamtplans Einzel-/ Partner*innenarbeit und Diskussion der Vorschläge im Plenum

Sequenz 7 - Rehabilitative Pflege im Spannungsfeld zwischen Anspruch und Wirklichkeit

3 Std. (davon Kommunikation: 1 Std.)

didaktisch inhaltliche Zuordnung

Die Lernenden...

  • analysieren vor dem Hintergrund ihrer Erarbeitung in den vorangegangenen Lernsequenzen die Situation von Herrn Sauer umfassend in ihren individuellen und strukturellen Aspekten,
  • gewinnen durch die Erfassung und Abbildung von Komplexität Ansatzpunkte für die Entwicklung zusätzlicher Perspektiven (und Lösungsmöglichkeiten),
  • reflektieren vor dem Hintergrund ihrer Analyse die erschwerenden institutionellen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für ein Leben in bedingter Gesundheit und nehmen zu sozialrechtlichen Normen im Hinblick auf ethische und wirtschaftliche Maßstäbe Stellung,
  • reflektieren das Spannungsverhältnis einer komplexen, durch Krisen erschütterten Lebenswelt des Einzelfalls in einem durch Spezialisierung, Standardisierung und Ökonomisierung gekennzeichneten Gesundheits- und Sozialsystem,
  • reflektieren den Widerspruch in ihrer Berufsrolle zwischen der Anwaltschaft für den zu pflegenden Menschen und der Anforderung einer systemischen Sichtweise auf die Gesamtsituation,
  • reflektieren die Möglichkeiten pflegeberufspolitischer Interessenvertretungen im Kontext divergierender Interessen in der Gesundheitspolitik,
  • positionieren sich selbst als Pflegefachfrauen und -männer im Spannungsfeld zwischen den Bedürfnissen der zu pflegenden Menschen sowie deren Bezugspersonen und den Interessen der Institutionen, in denen sie beschäftigt sind.

didaktisch methodischer Verlauf

Die Lernenden... Methodik
1 vergegenwärtigen sich die in Sequenz 1, Schritt 2, entwickelte Grafik zur Struktur des Familien- und Beziehungssystems, ergänzen und erweitern diese - auch mit Rückgriff auf den "Konfliktspeicher" aus der Bearbeitung der verschiedenen Lernsequenzen - um weitere Aspekte und entwickeln eine grafische Lösung zur Visualisierung der Systemstrukturen im Rehabilitationsverlauf von Herrn Sauer (z. B. als "Problemnetz") Impuls durch Lehrer*in -> Partner*innen- bzw. Kleingruppenarbeit
2 stellen sich ihre Grafiken vor, wählen, soweit das möglich ist, ein Ergebnis für die weitere Betrachtung aus und differenzieren darin zwischen individuellen persönlichen Konflikten, die ihre Wurzeln in der aktuellen Situation und Lebenswelt von Herrn Sauer haben und solchen Konflikt- und Spannungsfeldern, die im Kontext des Rehabilitationsverlaufs durch strukturelle gesellschaftliche Subsysteme hervorgerufen werden - die also die Lebenswelt von Herrn Sauer gleichsam "kolonialisieren" (Habermas) Diskussion der Ergebnisse im Plenum - Lehrer*in moderiert und regt zu differenzierter Problemsicht und Verlagerung des Blickwinkels an
3 identifizieren für verschiedene dieser strukturellen Konfliktfelder die Handlungsspielräume, die durch Pflegende beeinflusst werden können - als Personen bzw. über Organisationen, in denen sie vertreten sind -, wählen solche Aspekte aus, die für die Situation von Herrn Sauer besonders bedeutungsvoll aber gleichzeitig ungeklärt sind und entwickeln fallbezogen eine präzise Forderung bzw. Fragestellung Diskussion - Lehrer*in gibt ggf. erweiternde Impulse für mögliche Wege durch gesellschaftliches / gesundheitspolitisches Engagement Strukturen im System der Rehabilitation zu beeinflussen
4 nehmen ggf. Kontakt zu verschiedenen (berufspolitischen) Interessenvertretungen und Parteien auf und konfrontieren diese mit ihrer Forderung bzw. Fragestellung ggf. weitere Verfolgung der entwickelten Thematik
5 vergegenwärtigen sich abschließend, welche beruflichen Entwicklungs- und Handlungsperspektiven sie im Rahmen der Lernsituation zum Arbeitsfeld Rehabilitation, dem Handlungsfeld Case Management oder auch im Bereich des berufspolitischen Engagements hinzugewonnen haben Sammlung und ggf. Blitzlicht oder Verortung zu den mit der Sammlung aufgedeckten und in Stichworten fixierten beruflichen Perspektiven im Unterrichtsraum

Hinweise zur Unterrichts-vorbereitung

Voraussetzungen, Weiterführungen, Alternativen

Voraussetzungen


Weiterführungen

Anhang

Entwicklung

Literatur

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