Mein erster Tag …
... auf der Inneren (... auf dem Wohnbereich/ ... auf der Kinderstation) - Versorgung von Menschen mit Durchfall und Stuhlinkontinenz (bei gleichzeitigen Orientierungsstörungen/ kognitiven Einschränkungen)
Der Fall
„Es war mein erster Tag auf der Inneren im Krankenhaus als Schülerin. Der erste Eindruck hat mich sehr schockiert: Fast alle Patienten waren älter und ich war entsetzt, wie sie sich zum Teil verhalten haben. So auch eine ältere Frau, etwa 80 Jahre. Sie war dement und inkontinent. Die erste Aufgabe, die ich also erhielt, war, die kotverschmierte Toilette zu putzen, die Frau zu duschen und frisch anzuziehen. Gerade fertig mit allem und bereit zum Blutdruckmessen ging das Spiel von vorne los. Also wieder auf die Toilette, putzen, duschen und frisch ankleiden. Darauf kam dann auch noch der Kommentar der Schichtleitung: „Kannst du nicht mal ein bisschen auf die Frau aufpassen? Die ganze Wäsche kostet auch Geld!“ Ich war darüber sehr enttäuscht, denn ich war sehr bemüht und hätte eigentlich schon mit ein wenig Anerkennung gerechnet. Ich dachte nur: „Du hast gut reden, sitzt den ganzen Tag vorm PC, und auf Hilfe von dir braucht man auch nicht hoffen!“
Nur so leicht war das Ganze nicht. Einmal kurz weggeschaut und die Patientin war schon wieder auf der Toilette verschwunden und kurz darauf war alles mit Kot verschmiert. Obwohl ich wusste, dass die Frau nichts dafür konnte, verzweifelte ich langsam, musste heftig schlucken, und es stieg die Wut in mir hoch. So ging es noch mehrmals am Vormittag und ich wünschte mir, ich könnte einfach nur heimgehen. Es war sehr anstrengend und ziemlich ekelig, aber im Endeffekt war die Frau auch irgendwie dankbar, dass sie jemand wieder sauber gemacht hat.“
Situations-merkmale
Zielgruppe
- ältere Menschen (ab 70 Jahre)
Setting
- Akutklinik
- stationäre Langzeitversorgung
Pflegeanlass
- Unselbstständigkeit in der Selbstversorgung
- Inkontinenz
- Einschränkung in der Kognition / Orientierung (auch Demenz)
- Einschränkung in der Kommunikation
Lernsequenzen
Sequenz 1 - Ansprüche und Gefühle - Annäherung an die Fallsituation
1 - 2 Std. (davon Kommunikation: 0 Std.)
didaktisch inhaltliche Zuordnung
Die Lernenden...
- formulieren für sich ihre individuellen Gründe für die Wahl des Pflegeberufs sowie ihre Ansprüche an "gutes" pflegerisches Handeln und tauschen sich mit anderen darüber aus,
- tauschen sich über ihre Gedanken und Gefühle zu der beschriebenen Situation aus.
didaktisch methodischer Verlauf
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Die Lernenden... |
Methodik
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1 |
... formulieren den Anspruch, den sie an sich als zukünftige Pflegekraft haben ("Als gute Pflegekraft möchte ich …") |
Einzelarbeit; Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch mit Sammlung über Wandzeitung/ Flip-Chart/ Smart-Board |
2 |
... lesen das Narrativ/ die Narrative und notieren hierzu ihre Gedanken und Gefühle ("Wenn ich das lese, denke ich ….") |
Einzelarbeit am Fall; Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch mit Sammlung über Wandzeitung/ Flip-Chart/ Smart-Board als Gegenüberstellung |
3 |
... nehmen in einer ersten Annäherung die Spannungen zwischen ihren Ansprüchen und ihren emotionalen Reaktionen, Gedanken und Gefühlen (auch in ihrer Unterschiedlichkeit zwischen den Mitgliedern der Lerngruppe!) wahr und bringen diese zum Ausdruck ("Gefühlswirrwarr") |
Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch zum Vergleich der Gegenüberstellung |
4 |
leiten aus dieser Annäherung Lernziele ab ("Im Unterricht zu diesem Fall möchte ich lernen, …") |
Kleingruppenarbeit; Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch im Plenum |
Sequenz 2 - Erste Begegnung mit Aspekten der Emotionspsychologie am Beispiel von Ekel und Ekelmanagement bzw. Wut und Wutregulation
4 Std. (davon Kommunikation: 4 Std.)
didaktisch inhaltliche Zuordnung
Die Lernenden...
- erklären die Entstehung von Ekel-/ Wutgefühlen und deren Ausdrucksformen aufgrund der Rezeption ausgewählter Fachtexte,
- erklären Strategien und Formen eines reflektierten Umgangs mit Ekelgefühlen/ Ekelmanagement bzw. der Affektregulation bei aufkommender Wut,
- nehmen ihre eigenen Ekel-/ Wutgefühle in der Vorstellung der beschriebenen Situation wahr und beschreiben, wann ihre persönlichen Grenzen erreicht sind bzw. überschritten werden,
- vergleichen individuelle Unterschiede im Erleben von und im Umgang mit Ekel- und Wutgefühlen innerhalb der Lerngruppe,
- nehmen ihre persönlichen Möglichkeiten wahr, ihre individuellen Lösungsstrategien im Umgang mit Ekel-/ Wutgefühlen zu verändern,
- reflektieren den Widerspruch zwischen dem Anspruch, helfen/ professionell handeln zu wollen und dem "unprofessionellen" Empfinden von Ekel, Abwehr, Widerstand und Wut.
didaktisch methodischer Verlauf
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Die Lernenden... |
Methodik
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1 |
... erarbeiten sich fallbezogen eine erste Definition der beiden Basisemotionen Ekel und Wut |
Schritt 1 und 2: Einzelarbeit - Partner*innenarbeit |
2 |
... ordnen die in der Einstiegssequenz formulierten Gedanken (soweit schlüssig) einer der beiden Basisemotionen/ Affekte zu |
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3 |
... erarbeiten in Gruppen ein erstes Grundlagenwissen zu der Emotion, die im ersten Lesen der Szene überwogen hat bzw. die zunächst als persönlich bedeutungsvoller eingestuft wird, ggf. Wahrnehmungsübungen o.ä., zur Annäherung an die jeweiligen Phänomene, (einfache) Erklärungsansätze für die Entstehung des Affekts, unterschiedliche Ausdrucksformen, die der Affekt finden kann (Mimik, Gestik, Körperempfindung …); ggf.: finden Möglichkeiten, wie Gefühle jeweils ausgedrückt bzw. im Ausdruck von Anderen beobachtet werden können, informieren sich zu bekannten Wegen/ Empfehlungen zur Affektregulierung, evtl. mit Übungen |
Kleingruppen werden zunächst themenorientiert durch das Schwerpunktinteresse an einer der beiden Emotionen gebildet - weitere Aufteilung kann in "Wohlfühlgruppen" erfolgen - mglst. feste Kleingruppen für die Dauer der Lernsituation - Textarbeit/ Arbeitsblätter mit Aufgabenstellungen |
4 |
stellen sich ihre Erkenntnisse aus den Gruppenarbeiten wechselseitig vor |
"Markt der Ergebnisse" o. ä. |
Sequenz 3 - Unterstützung beim Toilettengang leisten - Versorgung einer Patientin mit Kontinenzproblemen - technische Abläufe an individuelle Bedürfnisse anpassen
5 - 6 Std. (davon Kommunikation: 0 Std.)
didaktisch inhaltliche Zuordnung
Die Lernenden...
- erklären exemplarisch Entstehung und Formen von Durchfallerkrankungen (Einführung/ Überblick; kann/ sollte ggf. später vertieft werden),
- nennen Ursachen und Auswirkungen von Stuhlinkontinenz (Einführung/ Überblick; kann/ sollte ggf. später vertieft werden),
- erklären das erforderliche Hygienehandeln bei der Unterstützung beim Toilettengang und der Toilettenreinigung,
- erklären einen schlüssigen Ablauf der Unterstützung nach dem Toilettengang (Intimpflege, Körperpflege, Kleidungswechsel, Versorgung mit Inkontinenzmaterial bei einer zu pflegenden Person mit erheblichen Defiziten in der Selbstpflege),
- wenden fallbezogen Regeln einer verständnisvollen, wertschätzenden Kommunikation mit Menschen mit Demenz an und erweitern sie in Bezug auf die Problematik der Stuhlinkontinenz,
- verstehen mögliche Wünsche/ Bedürfnisse der Patientin,
- nehmen eigene innere Widersprüche wahr - zwischen dem Anspruch helfen zu wollen und als künftige Pflegekraft die Situation professionell zu bewältigen und dem Empfinden von Ekel, Widerstand und Abwehr.
didaktisch methodischer Verlauf
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Die Lernenden... |
Methodik
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1 |
... erarbeiten ein grundlegendes Verständnis von der Physiologie des Darmtraktes, aus dem sie sich grundlegende, pathophysiologische Zusammenhänge einer Durchfallerkrankung ableiten können - unterscheiden infektiöse und nichtinfektiöse Auslöser |
Einzel- / Partner*innenarbeit -
Unterrichtsgespräch - Vortrag, Arbeitsblätter |
2 |
... erklären das Phänomen der Stuhlinkontinenz (im Vergleich zur Harninkontinenz) und identifizieren fallbezogen mögliche Ursachen |
Einzel- / Partner*innenarbeit - Unterrichtsgespräch - Vortrag, Arbeitsblätter |
3 |
... entnehmen der Patientindokumentation / unterschiedlichen Patient*innendokumentationen Hinweise zu den Ursachen von Durchfallerkrankungen und das damit verbundene Infektionsrisiko sowie zur Form der Stuhlinkontinenz |
zu Schritt 3-5 bzw. Sequenz 4, Schritt 3-8: Arbeit mit unter-schiedlichen Variationen der Pflegedokumentation, die der Fallsituation hinterlegt sein können (vgl. "Voraussetzungen") in arbeitsteiligen Kleingruppen (inkl. praktische Übungen) zur Begründung und Entwicklung von Handlungsabläufen |
4 |
... aktivieren ihre bisher gewonnenen Kenntnisse zum Hygienehandeln und zum Risiko der Keimverschleppung |
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5 |
... planen in kleineren Gruppen den Ablauf der Inkontinenzversorgung der zu pflegenden Person, in dem sie die Handlungsregeln zur Körperpflege und Hygiene umsetzen |
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Sequenz 4 - Ethisch-normative Ansprüche an pflegerisches Handeln - die Patientin verstehen, verständnisvoll handeln und ihre Würde wahren
4 Std. (davon Kommunikation: 3 Std.)
didaktisch inhaltliche Zuordnung
Die Lernenden...
- erläutern Grundbegriffe der Ethik als normativen Orientierungsrahmen für pflegerisches Handeln (Einführung bzw. erste Annäherung, auch in Abgrenzung zu Moral),
- definieren den Begriff der Menschenwürde,
- orientieren sich im ICN-Ethikkodex für Pflegende, kennen ihn als ein wichtiges Dokument für die Orientierung pflegerischen Handelns und ziehen ihn fallbezogen als Begründungsrahmen heran,
- orientieren sich an der Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen und leiten Begründungen für ihre Haltung zur Versorgung der Patientin in der Fallsituation ab,
- machen sich ihre eigenen Gefühle und Widerstände bewusst: gegenüber älteren zu pflegenden Menschen, gegenüber irritierenden Verhaltensweisen, gegenüber Inkontinenz - insbesondere Stuhlinkontinenz - und die Arbeit mit Ausscheidungen,
- vollziehen das mögliche Erleben von Abhängigkeit aus der Sicht der Patientin nach,
- verstehen mögliche Gefühle der Patientin wie Scham und Selbstekel, Angst vor Selbstverlust und die Angst davor, beschämt zu werden,
- suchen Möglichkeiten, wie es in dieser Situation gelingen kann, sowohl die Würde der zu pflegenden Patientin als auch die eigene Würde zu wahren,
- nehmen den inneren Widerspruch zwischen dem Anspruch, helfen zu wollen bzw. als künftige Pflegekraft die Situation professionell zu bewältigen, und dem Empfinden von Abwehr und Wut wahr.
didaktisch methodischer Verlauf
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Die Lernenden... |
Methodik
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1 |
... aktivieren ihre bisher gewonnenen Erkenntnisse zum Umgang mit Menschen mit Orientierungsproblemen/ Demenz |
Einzel-/ Partner*innenarbeit; Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch |
2 |
... lesen ergänzend (ggf. arbeitsteilig) ausgewählte Textpassagen zu den ethischen Grundprinzipien pflegerischen Handelns, z.B. zum Begriff der Menschenwürde/ ICN-Ethikkodex für Pflegende/ Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen …, und filtern die Textpassagen heraus, die in Situationen, wie der im Fallbeispiel, handlungsleitend für die Versorgung der Patientin sein könnten/ sollten |
Einzel-/ Partner*innenarbeit mit Texten; Ergebnisdiskussion im Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch |
3 |
... entnehmen einer Pflegedokumentation Informationen zur Patientin und ergänzen diese zu einem Rollenskript |
zu Schritt 3- 8: Arbeit mit Auszügen aus einer (fiktiven) Pflegedokumentation (vgl. Sequenz 3, Schritt 3) und Weiterführung der Gruppenarbeit aus Sequenz 3 mit Rollenspiel und Präsentation des Gesamtergebnisses |
4 |
... leiten für ein Rollenskript ab, welche Unterstützung sich die Patientin in dieser Situation von der Auszubildenden/ Pflegekraft wünschen könnte |
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5 |
... ergänzen den geplanten Ablauf der Inkontinenzversorgung der Patientin aus Sequenz 3 um Aspekte der verbalen/ nonverbalen Kommunikation, mit denen sie auf die formulierten Wünsche der Patientin eingehen würden |
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6 |
... integrieren ggf. erforderliche Maßnahmen zur Affektregulation von Ekel-/ Wutgefühlen gegenüber der Patientin (Sequenz 2) |
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7 |
... spielen die in Sequenz 2 erarbeitete Versorgung, ergänzt um die erarbeitete Interaktion mit der Patientin, für sich durch |
ggf. Aufzeichnung auf Video |
8 |
... demonstrieren ihr Ergebnis und tauschen sich über die Unterschiede im Ablauf und in der Interaktion aus und entwickeln gemeinsam ein Idealbild von der Versorgung der Patientin |
Vorstellung der Rollenspiele bzw. der Videoaufzeichnungen und Diskussion im Plenum |
9 |
... diskutieren, an welche möglichen Grenzen die Verwirklichung dieses Idealbildes in der Praxis stoßen könnte und wie sie mit diesen Grenzen umgehen können/ wollen |
Diskussion im Plenum - ggf. szenisch, z. B. in der Form einer Diskussion zwischen verschiedenen Engelchen und Teufelchen, die die ideale Szene kommentieren |
Sequenz 5 - "Lehrjahre sind keine Herrenjahre!" - "Werde ich medizinische Fachkraft oder einfaches Dienstpersonal?" - Grundfragen beruflichen Pflegens in der Institution
5 - 6 Std. (davon Kommunikation: 2 Std.)
didaktisch inhaltliche Zuordnung
Die Lernenden...
- erläutern Grundbegriffe im Professionsverständnis von Pflegenden (erste Einführung: Entwicklung des Pflegeberufs, helfen, Sorge, caring, ... Dienstleistung),
- bestimmen die Aufgaben von Pflegekräften (und Auszubildenden) in der Institution,
- kennen die anfallenden Büro- und Verwaltungsaufgaben von Pflegenden (Dokumentationspflicht),
- kennen die Aufgaben von Stationsleitungen,
- kennen die in der Institution definierten Abläufe zur Einarbeitung von Auszubildenden und die sich daraus ergebende Arbeitseinteilung,
- benennen offene und verdeckte Strukturen auf einer Station und die stationsinternen Abläufe,
- ordnen exemplarisch die Station in die Organisationsstruktur/ Organigramm bzw. in die Abläufe der Versorgungsprozesse der Klinik ein,
- kennen Grundsätze zu Gesprächsstrategien im Umgang mit Vorgesetzten,
- machen sich ihre eigenen Wünsche und Erwartungen an die Integration ins Arbeitsteam bewusst, z. B. den Wunsch, als Teil des Teams anerkannt zu werden (und dafür die Bereitschaft zu zeigen, ungeliebte Aufgaben zu übernehmen), oder die Enttäuschung/ Wut darüber, "niedrige" Tätigkeiten (ohne Anerkennung) durchführen zu müssen,
- machen sich ihre persönliche Bewertung von unterschiedlichen Tätigkeiten/ Pflegeaufgaben bewusst und verständigen sich mit anderen darüber,
- machen sich ihre eigenen Gefühle und Widerstände gegenüber Dienstanweisungen und Menschen in vorgesetzten Positionen bewusst und verständigen sich darüber,
- machen sich ihre individuellen Lösungsstrategien im Umgang mit Wut und Abwehr bewusst und wägen ab, inwiefern sie neu erarbeitete Strategien integrieren können,
- tragen mögliche Gründe zusammen, warum erniedrigende, schmutzige, anstrengende, langwierige, monotone, ... Aufgaben an Auszubildende delegiert werden - nehmen dabei einen Perspektivenwechsel vor,
- reflektieren, inwiefern die Übernahme von ekelerregenden, schmutzigen Tätigkeiten als professionelle Aufgabe im Rahmen der Sorge oder als einfache Dienstleistung verstanden werden kann,
- diskutieren die gesellschaftliche Bewertung des Pflegeberufs und der damit verknüpften, verschiedenen Tätigkeiten.
didaktisch methodischer Verlauf
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Die Lernenden... |
Methodik
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1 |
... betrachten die erarbeitete Darstellung ihres „Gefühlswirrwarrs“ und die formulierten Lernfragen aus Sequenz 1 und machen sich bewusst, welche Aspekte geklärt und welche noch offen sind |
Einzel- / Partner*innenarbeit |
2 |
... erarbeiten ihre Fragen / ergänzen ihre Vorkenntnisse hinsichtlich der institutionellen Rahmenbedingungen der Szene (Internistische Station: Organigramm, Aufgabenverteilung und Rollen im Pflegeteam…) |
Einzel- / Partner*innen- / Gruppenarbeit mit Handout bzw. Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch |
3 |
... formulieren ihre Erwartungen an eine gute praktische Ausbildung und Praxisanleitung und kennen / vergleichen die Konzeption der Praxisausbildung der Schule und der Kliniken |
Partner*innen- / Kleingruppenarbeit; Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch |
4 |
... kontrastieren provozierende Behauptungen über den Pflegeberuf und die von verschiedenen Berufsverbänden / Gewerkschaften, der Pflegewissenschaft und anderen Berufsgruppen (ggf. auch historisch) formulierten Ansprüche an die Berufsrolle der Pflegenden – und beziehen Stellung bzw. erweitern ihre persönlichen in Sequenz 1 formulierten Ansprüche |
Zusammenstellung von unterschiedlichen Textauszügen -> stumme Diskussion / Schreibgespräch -> Formulierung einer eigenen Position |
Sequenz 6 - Persönliche Vorbereitung auf den Praxiseinsatz
2-6 Std. (davon Kommunikation: 0 Std.)
didaktisch inhaltliche Zuordnung
Die Lernenden...
- bereiten sich auf einen Praxiseinsatz vor,
- nennen verschiedene klinische Einsatzbereiche der stationären Langzeitversorgung,
- identifizieren für den Bereich ihres Orientierungseinsatzes die dort gegebenen Strukturen und Anforderungen,
- machen sich ihre persönlichen Erwartungen, Hoffnungen und Befürchtungen hinsichtlich des Orientierungseinsatzes bewusst und formulieren ihre persönlichen Vorsätze für die Interaktion mit den zu pflegenden Menschen in der Zusammenarbeit mit der Praxisanleitung und im Stationsteam.
didaktisch methodischer Verlauf
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Die Lernenden... |
Methodik
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1 |
... tragen ihre Erkenntnisse aus der Lernsituation zusammen und leiten daraus Wege ab, um sich auf einen praktischen Ausbildungseinsatz vorzubereiten |
Partner*innenarbeit bzw. Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch |
2 |
... sind über die strukturellen und inhaltlichen Gegebenheiten in ihrem Orientierungseinsatz informiert - finden sich in Kleingruppen mit Mitschüler*innen zusammen, die auf ähnlichen Stationen eingesetzt sind |
Kleingruppenarbeit |
3 |
... recherchieren zum Einsatzbereich und zur Klinik, nehmen Kontakt zur Station auf und tauschen sich über diese Informationen aus |
Kleingruppen-/ Einzel-/ Partner*innenarbeit |
4 |
... formulieren ihre persönlichen Ziele für den Praxiseinsatz |
Einzelarbeit - Austausch in der Kleingruppe |
5 |
... stellen ihre Ergebnisse im Plenum vor und tauschen sich darüber aus |
Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch/ Plenum |
Hinweise zur Unterrichts-vorbereitung
- Für die Erarbeitung in Sequenz 3 (Schritt 3-5) und Sequenz 4 (Schritt 3-8) sollten passend zur Fallsituation (bzw. den vergleichbaren Fallsituationen in unterschiedlichen Settings - s. "Parallelen/ Alternativen") unterschiedliche Pflegedokumentationen vorliegen, die die Situation variieren, z. B. mit unterschiedlichen Angaben zur Art und Ursache der Durchfallerkrankung, durch die sich das Infektionsrisiko und damit die Anforderungen an das Hygienehandeln verändern; zu unterschiedlichen Formen der Orientierungs-, Kognitions-, Handlungsplanungsstörungen; zu unterschiedlichen Einschränkungen der Beweglichkeit oder zu unterschiedlichen Beeinträchtigungen der Sinneswahrnehmung.
Voraussetzungen, Weiterführungen, Alternativen
Voraussetzungen
- Die Lernsituation ist für den Verlauf des 1. Semesters in der Vorbereitung auf den ersten Praxiseinsatz geplant.
- Nach Möglichkeit sollte ein Verständnis für die Situation von Menschen mit Orientierungsstörungen/ kognitiven Einschränkungen / Demenz erarbeitet sein, z. B. durch –> Frau Mauerhoff.
- Es sollte möglichst eine Einführung in hygienisches Pflegehandeln und in die Körperpflege erfolgt sein, die dazu beiträgt, sich die Anforderungen an die pflegerische Versorgung im Rahmen der Fallsituation vorstellen zu können (Sequenz 3).
- Möglichst sollte ein Grundverständnis für die Anatomie und Physiologie der Nahrungsaufnahme, Verdauung und Ausscheidung bestehen, um mit Ausscheidungsvorgängen, Durchfall und dem Phänomen der Stuhlinkontinenz fallbezogen (Sequenz 3) umgehen zu können.
Weiterführungen
Parallelen
- Die Lernsituation lässt sich durch Umgestaltung des Fallbeispiels im Rahmen der generalistischen Pflegeausbildung relativ leicht auf andere stationäre Pflegebereiche/ Altersgruppen umschreiben: von der Akutversorgung in die stationäre Langzeitversorgung bzw. in die pädiatrische Klinik, z. B. auf die Versorgung eines ca. 13-jährigen Jungen mit angeborener geistiger Behinderung/ Down-Syndrom. Im letzteren Fall müsste eine zusätzliche Lernsequenz mit 2 – 4 Stunden eingeschoben werden, in der die Lernenden einführend auf die Begegnung mit Menschen mit geistiger Behinderung vorbereitet werden (die Thematik wird im NaKomm zum Ende der Ausbildung im 6. Semester grundlegend/ vertiefend aufgenommen, z. B. in –> Montagmorgen). Sequenz 5 müsste ggf. – abhängig vom Setting – angepasst werden. Die Gruppenzusammensetzungen könnten sich am geplanten Orientierungseinsatz ausrichten, und die Fälle würden beispielsweise parallel bearbeitet und einführend bzw. abschließend vergleichend betrachtet.
- Die Lernsituation bildet eine Alternative oder Ergänzung zu –> Die 4 Augen, dort liegt der Schwerpunkt stärker auf der Emotion Angst am Beispiel der (Prüfungs-)Angst. Die Erkrankung des zu pflegenden Menschen in der vorliegenden Lernsituation kann durch Anpassung des Falls – in Abhängigkeit vom restlichen Lehrplan und dem Schwerpunkt der Einsatzorte – ebenso variiert werden, wie das Setting (stationäre Altenpflege/ Akutklinik).
Werden beide Lernsituationen eingeplant, könnte eine inhaltliche, methodische und zeitliche Anpassung erforderlich sein, um Redundanzen zu vermeiden.
Anhang
Entwicklung
- Das Narrativ wurde als Schüler*innenhandlungsproblem im Netzwerk Pflegeschulen in Bayern erhoben, die Ausarbeitung zur Lernsituation erfolgte im Rahmen von unterschiedlichen Projekten mit Pflegeschulen zur Arbeit mit der Interaktionistischen Pflegedidaktik.
Literatur
insbesondere zu Emotionen und Emotionspsychologie:
- Fröhlich, C. (2018): Manage your Boss: Die Kunst, den Chef mit Eleganz zu führen. Freiburg: Haufe-Lexware.
- Jiranek, H.; Edmüller, A. (2017): Konfliktmanagement. Konflikten vorbeugen, sie erkennen und lösen. Freiburg: Haufe-Lexware.
- Kolnai, A.; Honeth, A. (2007): Ekel Hochmut Haß. Zur Phänomenologie feindlicher Gefühle. Frankfurt/Main: Suhrkamp.
- Krey, H. (2011): Ist Ekel in der Pflegearbeit wirklich okay? In: Psychologie und Gesellschaftskritik 1 (35), 87-108. Online: http://www.ssoar.info/ssoar/bitstream/handle/document/38963/ssoar-psychges-2011-1-krey-Ist_Ekel_in_der_Pflegearbeit.pdf?sequence=1 (13. März 2017).
- Lozo, L. (2010): Cognitive aspects of emotion regulation. Dissertation, Technische Universität Dortmund. Online: https://eldorado.tu-dortmund.de/bitstream/2003/26705/2/DISS_Struktur_finale.pdf (13. März 2017).
- Menninghaus, W. (2002): Ekel. Theorie und Geschichte einer starken Empfindung. Frankfurt/Main: Suhrkamp.
- Osterbrink, J.; Andratsch, F. (2015): Was Pflegende wütend macht. In: Die Schwester /Der Pfleger, 54 (6), 10-15. Bibliomed: Melsungen.
- Otto, J. H.; Euler, H. A.; Mandl, H. (2000): Emotionspsychologie. Ein Handbuch. Weinheim: Beltz Psychologische Verlagsunion.
- Pernlochner-Kügler, Ch. (2004): Körperscham und Ekel – wesentlich menschliche Gefühle. Münster: LIT.
- Peter, W. (1993): Kurze Filmszenen als Stimulusmaterial zur experimentellen Erzeugung der Grundemotionen – Angst, Ärger, Ekel, Trauer, Überraschung und Heiterkeit. Forschungsbericht des Psychologischen Instituts der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br., 96.
- Ringel, D. (2000): Ekel in der Pflege – eine „gewaltige“ Emotion. Frankfurt/Main: Mabuse.
- Schmidt-Atzert, L.; Peper, M. (2014): Emotionspsychologie. Ein Lehrbuch. Stuttgart: Kohlhammer.
- Seidel, W. (2009): Emotionspsychologie im Krankenhaus. Ein Leitfaden zur Überlebenskunst für Ärzte, Pflegende und Patienten. Heidelberg: Springer Spektrum.