5. Semester,
Stunden gesamt: 36
Reflexion
Pflegende und Lernende
zu pflegende Person
Kommunikatives Handeln
Institution & Gesellschaft
Psychotisches Erleben aus der Perspektive eines von der Krankheit betroffenen jungen Mannes und seiner Schwester sowie seinen Mitbewohner*innen in einer Studenten-Wohngemeinschaft als Bezugspersonen
Die Lernsituation basiert auf der Geschichte von Lukas in dem Film Das weiße Rauschen. Der Film ist das Regiedebüt von Hans Weingärtner mit Daniel Brühl in der Hauptrolle, ist an der Filmhochschule Köln entstanden, hatte am 31.01.2002 auf dem Filmfestival Max Ophüls Preis in Saarbrücken Premiere und wurde dort mit dem Hauptpreis ausgezeichnet.
Obwohl ein Spielfilm zeichnet sich dieser Film durch einen hohen Grad an Authentizität aus, mit dem ein möglicher Verlauf der Erkrankung Schizophrenie nachvollziehbar wird. Lukas, die Hauptfigur, zieht nach dem Abitur zu seiner älteren Schwester in eine WG nach Köln. Er findet sich an der Universität nicht zurecht, erfährt die Zurückweisung durch ein Mädchen, in das er sich verliebt hat, gerät in einen Strudel aus Partys und ausschweifendem WG-Leben und hört, nach der Einnahme von psychoaktiven Pilzen, erstmalig Stimmen, die ihn von dort an begleiten und z. B. für den Tot seiner Mutter verantwortlich machen. Nachdem die veränderten Sinneseindrücke, denen er ausgesetzt ist, bewirken, dass er in seinem Verhalten immer auffälliger wird und beispielsweise die Wohnung völlig zerstört, wird er stationär eingewiesen und erhält dort die Diagnose „Paranoide Schizophrenie“ und Haldol als Medikation, das ihm zunächst gut hilft. Nach seiner Entlassung aus der Klinik setzt er das Medikament jedoch wieder ab, erlebt daraufhin neue Wahnvorstellungen und begeht einen Selbstmordversuch, der missglückt. Nach einem erneuten Klinikaufenthalt verlässt er die Wohngemeinschaft und seine Schwester und zieht mit einer Gruppe von Aussteigern, ‚Hippies‘, vom Rheinufer nach Spanien, wo der Film im Blick auf das Meer mit einem inneren Monolog von Lukas endet.
Wichtig ist der Verweis auf den zeitlichen Kontext der Entstehung, damit nachvollziehbar wird, warum keiner der Akteure über ein Handy verfügt oder auch, um bestimmte Moden in Kleidung und Einrichtungsgegenstände nachvollziehen zu können – am Verständnis für den Verlauf der Handlung und der Erkrankung ändern diese Sachverhalte nichts. Die Kameratechnik – die Aufnahmen wurden mit einer Handkamera mit einfachen Mitteln geschnitten – ist dem Budget für die Produktion geschuldet, bildet gleichzeitig aber auch ein zentrales Stilmittel zur Erzeugung von Unmittelbarkeit in der Begleitung der Figuren.
6 Std. (davon Kommunikation: 1 Std.)
Die Lernenden...
Die Lernenden... | Methodik | |
1 | reaktivieren das Dreiecksmodell zur Beziehung zwischen Denken-Fühlen-Handeln (Psychoedukativer Ansatz, vgl. z. B. Pitschel-Walz u. a. 2017, S. 73, Folie 2 - bisher bekannt als "Modell der kognitiven Triade") und hinterlegen es als Analyseraster für den folgenden Arbeitsauftrag | Einzelarbeit - Text/ Skript mit einer Zusammenfassung des Dreiecksmodells Denken-Fühlen-Handeln bzw. Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch zur gemeinsamen (Re-)Konstruktion des Modells aus vorhergehenden Unterrichten |
2 | sehen den Film | Filmrezeption (ohne Unterbrechung) mit Arbeitsauftrag: "Während Sie den Film sehen, legen Sie bitte Ihren Beobach-tungsfokus auf Lukas. Notieren Sie Ihre Beobachtungen anhand des Dreiecksmodells Denken-Fühlen-Handeln!" |
3 | tauschen sich sowohl über ihre Beobachtungen als auch über ihre Gefühle und Gedanken aus und formulieren: (1) erste Deutungen zum Erleben von Lukas im Dreieck zwischen Denken-Fühlen-Handeln, (2) erste Deutungen zum Erleben der anderen Figuren im Film, (3) eigene Gefühle und Gedanken beim Betrachten des Films, (4) Lernfragen | Partner*innenarbeit - Murmelgruppen |
4 | tragen ihre Überlegungen, Deutungen und Lernfragen zusammen und entwickeln eine erste Vorstellung von der Struktur der Lernsituation | Diskussion im Plenum - Vorstellung des geplanten Ablaufs der Lernsituation mit den Sequenzen, z. B. mit Hilfe eines advanced Organizers als Wandzeitung/ Elektronisches Doku-ment auf der Lernplattform, durch den die Lernsituation in den Kontext der Ausbildung gestellt wird und der Verlauf und die Arbeitsvorhaben verdeutlicht werden, der advanced Organizer sollte für die Dauer der Lernsituation im Zugriff bleiben und kontinuierlich ergänzt bzw. auch angepasst werden |
5 | beschreiben auf der Grundlage ihrer Notizen zum Film Veränderungen, die bei Lukas zu sehen sind und entwickeln eine Verlaufskurve der Erkrankung im Fall | Schritt 5-7: Kleingruppenarbeit, z. B. Gruppenbildung durch Zusammenführung von 2-3 Lernpartner*innenschaften aus Schritt 3 mit zwischengeschalteten Interviewphasen zum Austausch mit anderen Gruppen -> Arbeitsauftrag A "Gesamtverlauf": "Beschreiben Sie anhand der Filmszenen die Veränderungen (1) des Wesens von Lukas, (2) seiner Gefühle, (3) seiner Leistungsfähigkeit, (4) im sozialen Bereich, (5) seiner Interessen, (6) seiner Wahrnehmung und seines Erlebens und entwickeln gemeinsam (7) eine Verlaufskurve für die Erkrankung von Lukas" |
6 | sehen verschiedene ausgewählte Filmszenen nochmals und bilden möglichst vielfältige Hypothesen zum Verhalten und den dahinterliegenden Motiven von Lukas und von den anderen Personen | Arbeitsauftrag B „Einzelszenen - Thesenentwicklung“ (arbeitsteilig zu unterschiedlichen Filmszenen): "(1) Sichtbare Realität – Was sehe ich? Beschreiben Sie möglichst genau, was in der Szene sichtbar ist! (2) Wahrnehmung aus der Innenperspektive - Was könnte der andere denken und fühlen? Wählen Sie einen Schlüsselmoment in der Szene aus, fixieren Sie diesen als Standbild und nehmen Sie die Körperhaltung der Personen ein. Beschreiben Sie aus dieser Haltung heraus: Ich fühle ..., ich denke ...! (3) Wahrnehmung aus der Außenperspektive - Wie wirkt die Szene auf mich? Beschreiben Sie möglichst genau die Wirkung der Szene auf Sie als Betrachter*innen! Gibt es Unterschiede zwischen Ihnen? (4) Unsichtbarer Sinn – Welche Bedeutungen und Inhalte werden mir vermittelt? Fassen Sie Ihre Hypothesen kurz zusammen und schreiben sie sie auf Karten!" <- Ergebnisse aus Schritt 5 und 6 können im Sinne einer Anamnese zum Fall ggf. als benotbares Lernergebnis in das Portfolio zur Lernsituation eingefügt werden |
7 | tauschen sich zu verschiedenen Hypothesen aus und erfahren unterschiedliche Deutungen, erstellen eine Kurzpräsentation ihrer Arbeitsergebnisse | Arbeitsauftrag C "Theseninterview und Schlagzeilen": "Jede*r von Ihnen wählt eine Thesenkarte und geht damit auf Interviewreise, um Kommentare, Reaktionen, Meinungen zu dieser These von Mitgliedern der anderen Kleingruppen ein-zufangen. Setzen Sie sich anschließend wieder in Ihren Klein-gruppen zusammen und fassen Sie die Interviewergebnisse prägnant zusammen, z. B. in Form einer Schlagzeile für einen Zeitungsartikel, der sich auf die Geschichte von Lukas bezieht!" |
8 | präsentieren ihre Thesen bzw. die formulierten Schlagzeilen im Plenum, beziehen sie auf die entwickelten Verlaufskurven, vergleichen ihre Deutungen und persönlichen Eindrücke und Wahrnehmungen, präzisieren und erweitern daraufhin ggf. ihre Lernfragen | Diskussion im Plenum - Lehrer*in moderiert und erläutert ausführlicher die Konzeption der Lernsituation, indem sie/ er ggf. den advanced Organizer erweitert <- und ggf. die zentralen Stellen für das zu benotende Lernportfolio kenntlich macht |
6 Std. (davon Kommunikation: 2 Std.)
Die Lernenden...
Die Lernenden... | Methodik | |
1 | sehen kurze ausgewählte Filmsequenzen, stimmen anonym jeweils die Frage ab: „Noch normal oder schon gestört?“; diskutieren nach jeder Abstimmung kurz über die möglichen Gründe der Entscheidung für die eine oder andere Position | ausgewählt werden sollten nicht nur Filmsequenzen zur Perspektive von Lukas sondern ebenfalls Filmausschnitte, die das Erleben und Verhalten von anderen Protagonist*innen zeigen (Schwester, Jochen, 'Hippies', Psychiater,…) -> anonymes Abstimmungsverfahren, z. B. über CARO-App oder ein anderes Online-Abstimmungstool -> Lehrende*r moderiert die zugehörige kurze Diskussion im Plenum, verhindert Bewertungen und unterstützt sowohl Statements, mit denen (Vor-)Urteile und Befremden zum Ausdruck gebracht werden; in einer tabellarischen Gegenüberstellung werden Merkmale zu Normalität vs. psychischer Krankheit notiert (werden in Schritt 9 und später in Sequenz 3, Schritt 7, aufgegriffen) |
2 | erarbeiten sich ein Überblickswissen sowohl zu den anthropologischen Grundlagen psychischer Erkrankungen als auch über die gängigen medizinischen Definitionen zu "Schizophrenie"/ "schizotypen und wahnhaften Störungen" nach ICD 10/11 bzw. DSM V sowie zu möglichen Symptomen, Formen, Ursachen, Krankheitsverläufen, -folgen und -risiken, zur Epidemiologie und zum Vorgehen bei der Diagnosestel-lung; dabei lernen sie Bezüge zu möglichen Veränderungen im Wahrnehmen, Denken, Fühlen und Handeln sowie zu möglichen Zusammenhängen zwischen Drogengebrauch, Wahrnehmungsveränderungen und Psychose kennen | Lehrer*invortrag mit Wissenspräsentation und entsprechenden Arbeitsunterlagen |
3 | wenden das erworbene Fachwissen im Verlauf des Films auf die Situation von Lukas an | Schritt 3 und 4: Partner*innen-/ Kleingruppenarbeit -> Arbeitsaufgabe z. B.: "Vergleichen Sie die Erkenntnisse aus dem Vortrag mit der Verlaufskurve, die Sie für Lukas erstellt haben! Welchem möglichen Krankheitsverlauf ähnelt sie und warum? Welche Konsequenzen für professionelles Handeln lassen sich hieraus ableiten? (<-- Hinweis auf den advanced Organizer und darauf, dass mit dem letzten Aspekt Sequenz 3 vorbereitet wird) |
4 | erarbeiten jeweils eine typische (mögliche) Pflegediagnose und beziehen sie auf den Fall Lukas – Vorstellung mittels Wandplakat | <- Ergebnisse können ggf. als benotbares Lernergebnis in das Portfolio zur Lernsituation eingefügt werden |
5 | präsentieren ihre Arbeitsergebnisse im Plenum und diskutieren die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Medizin- und Pflegediagnosen sowie deren Vor- und Nachteile | Posterpräsentation I - Galerierundgang I |
6 | erarbeiten die biographischen Sinndimensionen einer Psychose mit Hilfe von Erfahrungsberichten und vergleichen das Erleben anderer Menschen mit Schizophrenie/ Psychose mit dem Erleben von Lukas und/ oder recherchieren bzw. rezipieren Studien zum Erleben von Menschen mit psychischen Erkrankungen (insbesondere Menschen mit Schizophrenie/ Psychose sowie Menschen, die vom Phänomen Stimmenhören betroffen sind) sowie zum Erleben von Angehörigen von Menschen mit Schizophrenie/ Psychose | Fortsetzung der Kleingruppenarbeit aus Schritt 3/ 4 mit Hilfe von arbteitsteilig ausgegebenen Text-/ Filmmaterialien zu Berichten von anderen, von einer Schizophrenie bzw. schizotypen wahnhaften Störung betroffenen Personen (<-- durch die Auswahl des Umfangs, der Art und des Sprachniveaus der ausgewählten Materialien ist eine Binnendifferenzierung möglich) |
7 | erweitern ihr bereits vorliegendes Wandplakat mittels Bildercollage um die Erfahrungen und das Erleben von Menschen mit psychischen Erkrankungen | |
8 | präsentieren ihre Plakate mit den unterschiedlichen Sichtweisen zu psychischer Erkrankung | Posterpräsentation II - Galerierrundgang II mit Einzeldiskussionen zu den Ergebnissen |
9 | nehmen ihr Abstimmungsergebnis und ihre Diskussion zum Problem von "Normalität" als soziales Konstrukt aus Schritt 1 wieder auf, relativieren die dort vertretenen Positionen und vergegenwärtigen sich Einstellungsänderungen aufgrund der Erarbeitungsschritte 2-8, halten ihre Ergebnisse in Stichworten fest | Diskussion im Plenum, moderiert durch Lehrperson zu der Frage: „Was ist eigentlich normal? Und für wen?" - Tafel-/ Flipchartmitschrift bzw. digitales Protokoll zu zentralen Ergebnissen der in der Lerngruppe vertretenen subjektiven Theorien zum Begriff der Normalität in Erweiterung zu Schritt 1 (wird in Sequenz 3, Schritt 7, aufgegriffen) |
9 Std. (davon Kommunikation: 3 Std.)
Die Lernenden...
Die Lernenden... | Methodik | |
1 | formulieren ihre Assoziationen jeweils in Form eines Wortes/ Begriffs zum Thema „Geschichte der Psychiatrie“ und schreiben ihre Assoziationen auf Karten | Einzelarbeit |
2 | tragen ihre Begriffsassoziationen zusammen und vergleichen sie hinsichtlich der Gemeinsamkeiten und Unterschiede, identifizieren Wissenslücken | Lehrer*in-Schüler*innen-Gespräch |
3 | erarbeiten sich zunächst in Einzelarbeit exemplarisch die Psychiatriegeschichte der Euthanasie im Nationalsozialismus anhand der Kurzbiographie eines Opfers dieses Systems | Partner*innenarbeit mit ausgewählten Textmaterialien/ Medienberichten - arbeitsteilig (<-Binnendifferenzierung durch unterschiedliche Materialien ggf. möglich) |
4 | kontrastieren die Erarbeitungen zu den Erfahrungsberichten mit offiziellen Aussagen von Vertreter*innen der in der Psychiatrie tätigen Personen aus dieser Zeit und problematisieren vor diesem Hintergrund erneut Begrifflichkeiten im Umfeld von "Normalität" | Kurzpräsentation von "offiziellen" Aussagen, z. B. aus psychiatrischen Publikationen (Powerpoint oder als Textvorlagen/ Wandzeitungen) oder Toneinspielungen |
5 | tauschen sich zu in der Beschäftigung mit diesen Einzelschicksalen aufkommenden Fragen aus, z.B.: Wie hätte ich gehandelt? Was haben die Verbrechen des Nationalsozialismus mit der Psychiatrie heute und mit mir als professioneller Pflegeperson zu tun? Welche Wirkungen haben Begriffe und Bezeichungen - welche Bedeutung hat der Sprachgebrauch? | Methode, die möglichst vielfältigen Gedankenaustausch mit mehreren Personen nacheinander ermöglicht, z. B. Kugellager bzw. Karussellgespräch/ Lernkarussell |
6 | bearbeiten ein Zeitzeug*inneninterview oder einen Erfahrungsbericht mit einer/ einem Professionellen oder einer/ einem Betroffenen der Anti- bzw. Sozialpsychiatriebewegung der 1960er/ 1970er Jahre – dazu bilden die bestehenden Lernpartner*innenschaften mit einer anderen bzw. mit zwei anderen Lernpartner*innenschaft*en eine Kleingruppe, | Kleingruppenarbeit in Lernpartner*innenschaft mit ein oder zwei Partner*innengruppen aus Schritt 3 (<- auch hier ist eine Binnendifferenzierung ggf. möglich) |
7 | diskutieren die Bedeutung der Psychiatriegeschichte für heutige psychiatrische Versorgungskonzepte und -modelle | Plenumsdiskussion, moderiert durch den/ die Lehrer*in anhand vorgegebener Leitfragen, die für den Sprachgebrauch im Handlungsfeld der Psychiatrie sensibilisieren - mit Bezug zu den in Sequenz 2 (Schritt 1 und 9) formulierten subjektiven Theorien von "Normalität" |
8 | erarbeiten sich einen Überblick zu den in der Folge der Sozialpsychiatriebewegung entwickelten Prinzipien "Partizipation", "Empowerment" und "Recovery" | Lehrer*invortrag zur Einführung in die grundlegenden Konzepte einer sozialpsychiatrischen Pflege mit Rückbezug auf bereits bekannte pflegerische Grundprinzipien als Einordnungshilfe |
9 | erarbeiten sich in (Lerntempo-)Partner*innenschaften die Grundzüge des Recoveryansatzes (evtl. auch ergänzend mittels der Recovery-Reise einer/ eines Betroffenen) und übertragen ihr Wissen auf die Recovery-Reise von Lukas | arbeitsgleiche Partner*innen/ Kleingruppenarbeit mit vorbe-reiteten Arbeitsmaterialien -> Arbeitsauftrag mit folgenden Fragen: "Wie können Sie als professionelle Pflegeperson die Genesung von Menschen mit psychischen Erkrankungen unterstützen? Wie könnte die Recovery-Reise von Lukas aussehen? Was könnte für Lukas Genesung bedeuten? Welche Rolle bei der Genesung von Lukas könnten Sie als professionelle Pflegeperson spielen/ einnehmen?" |
10 | stellen ihre Ergebnisse vor und vergleichen sie untereinander | mündliche Ergebnispräsentation im Plenum - durch Lehrer*in moderiert <-- bei unterschiedlichem Lerntempo kann zeitversetzt mit Schritt 11 begonnen werden |
11 | erarbeiten in den bestehenden Kleingruppen verschiedene Pflegekonzepte und -interventionen, z.B. das Gezeitenmodell von Buchanan & Buchanan-Barker, Beziehungs- und Milieugestaltung, Interventionen zum Umgang mit Wahnerleben (insbesondere zum Phänomen Stimmenhören) sowie in psychischen Krisensituationen, d.h. auch bei Gefahr einer selbst- bzw. fremdgefährdenden Gewalttätigkeit | arbeitsteilige Partner*innen/ Kleingruppenarbeit mit vorbereiteten Arbeitsmaterialien/ bzw. Rechercheaufträgen <- Binnendifferenzierung möglich |
12 | präsentieren ihre Ergebnisse im Kurzvortrag und diskutieren die Vor- und Nachteile der jeweiligen Pflegekonzepte bzw. -interventionen sowie deren Vereinbarkeit in der Pflegepraxis bzw. mit konkreten beruflichen Handlungssituationen | Ergebnispräsentation mit jeweils anschließender durch die/ den Lehrer*in moderierter Diskussion |
13 | erstellen auf Grundlage ihrer bis zu diesem Zeitpunkt entwickelten Vorarbeiten für Lukas eine Pflegeprozessplanung im Kontext eines Klinikaufenthaltes auf Grundlage von Pflegediagnosen, professionellen Pflegekonzepten und -interventionen und unter Berücksichtigung seines sozialen Netzes; entwickeln Ideen, wie sie Lukas ihre Ideen gut näher bringen können und wie sie ein Gespräch mit ihm aufbauen wollen und berücksichtigen dafür auch Ansatzpunkte der in Schritt 11 erarbeiteten Pflegekonzepte | themengleiche Kleingruppenarbeiten <- diese Pflegeprozessplanung kann ggf. als benotbares Lernergebnis in das Portfolio zur Lernsituation eingefügt werden |
14 | vergleichen ihre individuelle Prozessplanung für Lukas mit einer Standardpflegeplanung für Menschen mit Schizophre-nie (z. B. eines konkreten praktischen Ausbildungsträgers) | Vorstellung der Ergebnisse im Plenum und vergleichende Diskussion anhand eines durch die/ den Lehrer*in präsentierten Musters einer Standardpflegeplanung |
15 | diskutieren ihre Vorschläge für die Umsetzung des Anspruchs einer partizipativen Gesprächsführung, um Lukas in den Prozess der Pflegeplanung zu integrieren | Plenum - Lehrer*in ergänzt, wenn erforderlich, Vorschläge für die Gestaltung der partizipativen Gesprächsführung bzw. fördert die Entwicklung von möglichst konkreten Kommunikationsangeboten |
10 Std. (davon Kommunikation: 3 (auch interprofessionell) Std.)
Die Lernenden...
Die Lernenden... | Methodik | |
1 | erarbeiten in einer Wiederholung und Erweiterung ihrer bisher erworbenen Kenntnisse die rechtlichen Grundlagen für eine Zwangseinweisung und z. B. für die Einleitung von freiheitseinschränkenden Maßnahmen (FEM) | Wiederaneignung bereits vorhandenen Wissens durch eine entsprechende Methode (Strukturlegen, ABC-Methode ...) -> Erarbeitung neuer Wissenszusammenhänge anhand von Leittexten in zwei Expert*innengruppen, Vermittlung der jeweiligen Kernaussagen nach der Kugellager-Methode |
2 | verständigen sich über Praxiserfahrungen zu FEM, diskutie-ren Fragen und Erfahrungen zum pflegerischen Umgang mit Patient*innen, die sich „non-compliant“ verhalten (z. B. hinsichtlich der Medikamenteneinnahme) und reflektieren pflegerisches Praxishandeln vor dem zuvor erarbeiteten Wissenshintergrund kritisch | Diskussion im Plenum, Lehrer*in moderiert und stellt Fragen, die kritische Denkprozesse anregen |
3 | erarbeiten auf der Grundlage der Pflegeprozessplanung für Lukas einen Gesamthilfeplan nach Eingliederungshilfe bzw. Teilhabeplan, im Sinne einer Hilfeplankonferenz, d. h. weitere Unterstützungsangebote in Richtung eines trialogischen Gesamthilfeplans mit dem Ziel einer personen- und lebensweltbezogenen, gemeindenahen Versorgung von strukturübergreifender Kontinuität | Planungszirkel - mit Gruppenarbeits- und Plenumsphasen: (1) Besprechung im Plenum: „Individuelle personen- und lebensweltbezogene Hilfeplanung <- Konkrete Ziele für die psychiatrische Versorgung von Menschen in Lukas' Situation?“ (1a) kurze Vorstellung/ Zusammenstellung einer optimierten Pflegeprozessplanung für Lukas - Anknüpfung an Sequenz 3, Schritt 12, (1b) Ideensammlung zu „Zu ergänzende Versorgungsleistungen?“, (2) Auswahl der Ziele des Gesamthilfeplans, z. B. durch eine Mehrpunkteentscheidung mit Prioritätenliste, und Konkretisierung der Zielformulierun-gen, (3) Identifizieren von möglichen, passgenauen Versorgungsangeboten bzw. Wissenslücken zu Versorgungs-leistungen, (4) Recherche in Kleingruppen zu möglichen bzw. weiteren -regionalen- Versorgungsangeboten, evtl. Expert*in-nenbefragung, (5) Vorstellung des erarbeiteten Wissens - z. B. Kurzpräsentationen im Plenum, (6) Sammlung von Stichwor-ten im Plenum: „Was müssen wir nach diesen Informationen an unserem ersten Konzept ändern, um die Ziele des Ge-samthilfeplans für Lukas zu erreichen?", (7) Erstellung eines Gesamthilfeplans sowie eines konkreten Handlungsplans in der Kleingruppe: „Wie geht es weiter? Die nächsten Schritte!“, (8) Entwicklung einer konkreten Strategie für ein erstes Gespräch mit Lukas und seiner Schwester/ ggf. auch ihrem Lebensgefährten: "Wie kann der Einstieg in das Hilfsangebot gut gelingen?" |
4 | übernehmen verschiedene Rollen von Akteuren im Rahmen des psychiatrischen Versorgungssystems und recherchieren bzw. entwickeln aus diesen Perspektiven Kriterien und Fragestellungen für eine Überprüfung von vorliegenden Gesamthilfeplänen | Schritt 4 und 5: Arbeitsgruppenbildung nach dem Prinzip des Gruppenpuzzles aus den bestehenden Kleingruppen heraus (Jigsaw-Methode) -> mögliche Akteursgruppen: Versorgungsträger, Vertreter der Institutionen (im regionalen psychiatrischen Versorgungssystem ...), Verteter*innen einer Vereinigung der Psychatrie-Erfahrenen, Vertreter*innen einer Gruppe der Angehörigen psychisch Kranker, Arbeitsgruppe der psychiatrisch Pflegenden, ... <- evtl. mit Kurzcharakteristiken der jeweiligen Rollen und Interessenlagen bzw. Arbeitsaufträgen und Recherchestrategien für die Entwicklung von Prüfkriterien |
5 | prüfen aus diesen Perspektiven heraus mindestens einen vorliegenden Gesamthilfeplan für Lukas | organisatorisch sollte sichergestellt werden, dass jede Arbeitsgruppe mindestens eine perspektivengeleitete Rückmeldung erfährt |
6 | überarbeiten aufgrund der persektivengeleiteten Kriterien und der Erfahrungen des Perspektivenwechsels den zuvor entwickelten Gesamthilfeplan und formulieren ergänzend bei auftretenden Interessenkonflikten und strukturbedingten Widersprüchen eine begründete Entscheidung für ihre Erarbeitung | Kleingruppenarbeit in den Stammgruppen <-- der damit entwickelte Gesamthilfeplan für Lukas mit Verdeutlichung von Interessenkonflikten und strukturbedingten Widersprüchen und der begründeten Entscheidung für den gewählten Lösungsweg kann ggf. als benotbares Lerner-gebnis in das Portfolio zur Lernsituation eingefügt werden |
7 | tragen abschließend die im Erarbeitungsprozess bzw. im Rahmen von Recherchen zu Schritt 3 und 4 gewonnene Erfahrungen und Erkenntnisse zu regionalen Versorgungsangeboten zusammen und diskutieren sie zusammenfassend kritisch | Plenumsdiskussion - Lehrer*in moderiert anhand von vorbereiteten Fragestellungen - z. B. hinsichtlich des niederschwelligen Zugangs von Versorgungsangeboten -, die perspektivisch zu zentralen Aspekten der Sequenz 5 überleiten |
5 Std. (davon Kommunikation: 3 (auch ethische Entscheidungsfindung) Std.)
Die Lernenden...
Die Lernenden... | Methodik | |
1 | beschreiben ihr persönliches Verständnis zu Aspekten von Freiheit und Sicherheit, tauschen sich mit einzelnen Lernenden über ihr jeweiliges persönliches Verständnis aus; verständigen sich wiederum mit anderen über verschiedene Aussagen, die ihnen zu den Fragestellungen begegnet sind, und halten die Erkenntnisse schriftlich fest und bringen sie in eine Rangfolge hinsichtlich ihrer Bedeutung | Kleingruppenarbeit - Arbeitsauftrag „Speed Networking – Freiheit und Sicherheit“: Was ist mein Verständnis von Freiheit und von Sicherheit? Was halte ich davon jeweils für besonders wichtig?" --> (1) Einzelarbeit: Bearbeiten Sie diese beiden Fragen jede*r für sich in Stillarbeit. Bitte halten Sie Ihre Überlegungen in Stichpunkten fest - Zeit: 3 min --> (2) Interviewphase: Suchen Sie sich ein oder zwei Gesprächs-partner*innen aus den anderen Gruppen, beantworten Sie sich diese Fragen gegenseitig. Machen Sie sich jeweils kurze Notizen zu den Aussagen Ihrer Gesprächspartner*innen - Zeit: 6 min (insgesamt). --> (3) Gruppenphase: Die Gruppe mit der gleichen Farbe findet zusammen. Dann tauschen Sie sich über Ihre Antworten und die Antworten, die in der Phase 2 gesammelt wurden, aus. Bitte halten Sie als Ergebnis die für Sie wichtigsten Aussagen auf Moderationskarten fest und bringen Sie sie in eine Rangfolge - Zeit: 12 min |
2 | stellen ihre Ergebnisse in der getroffenen Priorisierung vor | Präsentation der Moderationskarten im Plenum - Lehrende clustert die Moderationskarten und fasst die Ergebnisse abschließend kurz zusammen |
3 | erarbeiten sich ausgewählte theoretische Erklärungsansätze hinsichtlich der Entwicklung von Machtausübung und Zwang bzw. der Entstehung von totalen Institutionen, fassen Kernaussagen zusammen und vergleichen diese mit den zuvor in der Lerngruppe formulierten subjektiven Theorien zu Freiheit und Sicherheit | Fortsetzung der Kleingruppenarbeit mit gleicher Aufgabenstellung zu einem an das Niveau der Lerngruppe angepassten Textauszug bzw. zusammenfassenden Skript (vgl. Literaturauswahl) <-- bei einem hohen Leistungsgefälle in der Lerngruppe kann über die Textauswahl bzw. -formu-lierung eine Binnendifferenzierung vorgenommen werden |
4 | verständigen sich kurz über die Gruppenarbeitsergebnisse und klären offene Fragen und Verständnisprobleme | Austausch im Plenum |
5 | vergegenwärtigen sich Dilemmasituationen aus ausgewählten Filmszenen, schauen die Szene nochmals, treffen eine Entscheidung, bewerten auf einer 6-stufigen Bewertungsskala, wie schwer Sie die hier zu treffende Entscheidung jeweils finden und begründen ihre Entscheidung und die Schwere der Entscheidungsfindung - wählen eine Szene aus, in der die Entscheidungsfindung als "schwer" oder "besonders schwer" beurteilt wird | erster Schritt einer Dilemmadiskussion zum Themenfeld „Psychiatrische Behandlung – Ja oder Nein? Und wenn ja, für wen?" - Abstimmung und Bewertung kann hier zunächst über die CARO-App oder ein vergleichbares digitales Classroom-Tool erfolgen |
6 | klären gemeinsam den Dilemmakern | zweiter Schritt einer Dilemmadiskussion |
7 | führen eine Probeabstimmung zu der Frage „War die Entscheidung von XX falsch?“ durch und bilden auf Grundlage des Abstimmungsergebnisses die Pro- und Contragruppen | dritter Schritt einer Dilemmadiskussion |
8 | sammeln in ihrer Pro- bzw. Contragruppe Argumente für ihre Meinung, halten sie auf einem Flipchart fest und ordnen sie nach ihrer Bedeutung | vierter Schritt einer Dilemmadiskussion |
9 | diskutieren das Für und Wider der Entscheidung im Argumente-Ping-Pong und geben ein abschließendes Statement aus ihrer Pro- bzw. Contraperspektive ab | fünfter Schritt einer Dilemmadiskussion |
10 | überlegen jede*r für sich, welches Argument der anderen Gruppe am überzeugendsten ist | sechster Schritt einer Dilemmadiskussion |
11 | nennen das für sie beste Gegenargument und begründen ihre Entscheidung im Blitzlicht | siebter Schritt einer Dilemmadiskussion |
12 | stimmen abschließend nochmal über die Entscheidung ab - vgl. Schritt 7 bzw. den dritten Schritt der Dilemmadiskussion | achter Schritt einer Dilemmadiskussion |
13 | tragen rückblickend auf die Erarbeitungsprozesse in der gesamten Lernsituation Möglichkeiten, Herausforderungen und Grenzen im Zusammenspiel zwischen den Aufgaben der psychiatrischen Pflege/ Versorgung und beziehungsorientierten Pflegekonzepten aus den Blickwinkeln unterschiedlicher Akteure zusammen, formulieren hierzu zentrale Fragestellungen und Kernpositionen | Fortführung der Kleingruppenarbeit aus Schritt 1 / 3 - arbeitsteilig zu verschiedenen Perspektiven: Pflegende, Ärztinnen/ Ärzte, zu pflegende Menschen, Angehörige, Mitarbeiter*innen der sozialpsychiatrischen Dienste, Versorgungsträger ... (möglichst orientiert an Sequenz 4, Schritt 4 und 5 )+ Gruppe für die Moderation, die eine Struktur für die Diskussion anhand eigener Fragestellungen entwickelt und dabei Fragen der Diskussionsgruppen integriert |
14 | diskutieren kritisch die Grenzen und Möglichkeiten psychiatrischer Pflege und beziehungsorientierter Pflegekonzepte und arbeiten ergänzend und vertiefend zu Sequenz 4 strukturelle, immanente Widersprüche heraus | Diskussion im Plenum (ggf. als Fish-Bowl-Diskussion) - moderiert durch Vertreter*innen aus der Kleingruppe, die sich auf die Moderation vorbereitet hat |
15 | evaluieren die gesamte Lernsituation - formulieren, abhängig von der Verortung der Lernsituation im gesamten Ausbildungskonzept, persönliche Lernziele für den Pflichteinsatz in der psychiatrischen Versorgung | Blitzlicht oder anderes Evaluationsverfahren - ggf. Eintrag im Lernbegleitbuch |
Voraussetzungen
Weiterführungen
Parallelen
Entwicklung
Lang, U. (2013): Innovative Psychiatrie mit offenen Türen. Therapeutische Skills zur Veränderung der Rahmenbedingungen. Heidelberg: Springer.
Löhr, M.; Schulz, M.; Nienaber, A. (2019): Safewards. Sicherheit durch Beziehung und Milieu. Köln: Psychiatrie Verlag.